Verschwörungstheorie als Ausrede
Elon Musk schweigt beharrlich zu seiner «Abwahl»

Das Verdikt der Twitter-Umfrage ist klar: 57,7% der User meinten, Elon Musk müsse gehen. So einfach ist das aber gar nicht. Der Twitter-Eigentümer sitzt jedenfalls immer noch fest im Sattel. Bleibt das so?
Publiziert: 20.12.2022 um 15:41 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2022 um 16:32 Uhr
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Elon Musk (M.) stellt sich beim Final der Fussball-WM für ein Selfie zur Verfügung. Ansonsten weht dem Unternehmer derzeit aber ein eiskalter Wind entgegen.
Foto: Getty Images
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Errare humanum est – Irren ist menschlich – sagt eine lateinische Redewendung. Twitter-Eigentümer Elon Musk, der gerne mal ein Sprichwort verwendet, sollte es sich zu Herzen nehmen.

Die Rede ist dabei nicht einmal vom Twitter-Engagement an sich. Das halten immer mehr für einen Fehler. Vielleicht sogar Musk selbst.

Angesichts der immer lauter werdenden Kritik hat er sich jüngst zu einer Umfrage hinreissen lassen, ob er als Twitter-CEO abtreten soll. Und mit der lateinischen Wendung «vox populi vox Dei» (lat. Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes) als für sich bindend erklärt.

Accounts wieder aktiviert

Nach dem deutlichen Ja zu seiner Abwahl lässt sich Musk für eine Antwort viel Zeit. Nicht etwa, weil er immer noch vom Besuch der Fussball-WM verkatert ist oder einfach keine Zeit hat.

Noch bei der Umfrage, ob er gesperrte Twitter-Accounts wie jenen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump (76) wieder zulassen sollte, reagierte er umgehend. Die Accounts von Trump und von zahlreichen anderen, teils umstrittenen Personen, wurden wieder aktiviert.

Viel Gezwitscher – nur nicht zur Abwahl

Getwittert hat er in den vergangenen 24 Stunden fleissig. Wenig aber zu seiner «Abwahl». Inzwischen hat er sich aber doch zu kleinen Reaktionen hinreissen lassen. Er beantwortete einen Deep-State-Verschwörungstheorie-Tweet, der eine Verzerrung der Abstimmungsresultate durch Bots vermutete, mit «interesting».

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Kurz darauf beantwortete er einen weiteren Tweet: Darin wurde suggeriert, dass nur «blaue» (also: verifizierte) Twitter-Accounts abstimmen dürften. Eine Idee, die Musk laut seiner Antwort sogleich umsetzen wollte.

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Diese Antworten zeigen, dass Musk dem Umfrageresultat nicht zu trauen scheint. Hat sich der südafrikanische Unternehmer geirrt und geglaubt, dass er nicht virtuell abgewählt würde? Oder hat er sich einfach zu dieser Aktion hinreissen lassen, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein?

Alles abgekartet?

Die Umfrage widerspiegelt die Spannungen, denen das soziale Netzwerk seit der Ankündigung der Übernahme durch Musk im April ausgesetzt ist. Der Zickzack-Kurs hat nicht nur Twitter, sondern auch Musks Ansehen und – schlimmer noch – seinen anderen Firmen geschadet. Der Börsenkurs von Tesla ist eingebrochen. Nun hoffen viele, dass sich Musk wieder auf den Autobauer konzentriert. Sowie auf seine beiden anderen Grossfirmen SpaceX und Starlink.

Vielleicht will das Musk selber auch. Die Umfragen waren nämlich längst nicht immer seriös. Beispielsweise war der Verkauf seiner Tesla-Beteiligungen bereits beschlossen, bevor er darüber abstimmen liess. Ebenso hatte er bereits damit kokettiert, seine Zeit bei Twitter zu reduzieren und einen Geschäftsführer einzusetzen, bevor er die Absetzungs-Umfrage lancierte. Die Medien hatten schon zuvor begonnen, über mögliche CEOs nachzudenken. Musk sicher auch, selbst wenn er getwittert hat, es gebe keinen Nachfolger.

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Interessenten für den Job gäbe es genug. Auch besser Qualifizierte. Vielleicht war ja schon vor der Umfrage «alea iacta est», der Würfel gefallen. Und Musk hält einfach das mediale Interesse an Twitter hoch. Immerhin erhielt seine Umfrage 17,5 Millionen Antworten, mit Millionen Folge-Tweets seitdem. Twitter lebt. Trotz der Nebengeräusche.

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