Die Wettbewerbskommission (Weko) nimmt Schweizer Finanzinstitute ins Visier wegen dem mutmasslichen Boykott mobiler Bezahllösungen wie Apple Pay und Samsung Pay. Sie hat deswegen eine Razzia bei den Grossbanken Credit Suisse und UBS, der Postfinance sowie der Kreditkartenfirmen Swisscard und Aduno durchgeführt.
Mit der Untersuchung soll geklärt werden, ob mehrere Schweizer Finanzinstitute eine Abrede getroffen haben, mobile Bezahllösungen internationaler Anbieter wie Apple Pay und Samsung Pay nicht zu unterstützen. Es besteht der Verdacht, dass die Schweizer Finanzinstitute sich abgesprochen haben, ihre Kreditkarten nicht für die Benutzung mit Apple Pay und Samsung Pay freizugeben, um die Schweizer Lösung Twint zu bevorzugen.
Die Untersuchung wurde laut Mitteilung vom Donnerstag in alphabetischer Reihenfolge eröffnet gegen Aduno Holding AG, Credit Suisse (Schweiz) AG, PostFinance AG, Swisscard AECS GmbH, UBS Switzerland AG. Bei den untersuchten Banken wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Raiffeisen ist laut Weko-Direktor Patrik Ducrey nicht Teil der Untersuchung. Auslöser der Untersuchung seien neue Informationen gewesen, die die Weko erhalten habe.
Postfinance kooperiert
Postfinance kooperiere mit der Wettbewerbsbehörde, teilte die gelbe Bank mit. Weiter: «Postfinance ist überzeugt, nicht gegen das schweizerische Kartellrecht verstossen zu haben.» Bei Postfinance steht die Bezahllösung Twint im Fokus.
Die Credit Suisse zeigte sich gemäss Mitteilung überrascht über die Untersuchung und überzeugt, dass sich die Vorwürfe als unbegründet erweisen werden. Über die 50prozentige Tochtergesellschaft Swisscard biete die CS Konsumenten in der Schweiz bereits Zugang zu Apple Pay und Samsung Pay.
Die Grossbank hat auch die in der Schweiz am meisten verwendete Bezahl App, Twint, im Angebot. «Wir sind sehr zufrieden mit Twint und setzen auf eine weitere enge Zusammenarbeit mit Twint», sagt ein CS-Sprecher. Die Twint-App wurde ursprünglich von Postfinance entwickelt. Vor zwei Jahren hatten die Banken Twint mit dem Konkurrenten Paymit fusioniert. Seither gehört Twint den sechs grössten Schweizer Banken und der Finanzinfrastrukturbetreiberin SIX. Einen Twint-Account registriert haben inzwischen über eine Million Personen.
Auch Twint hatte Weko im Haus
Gegen Twint erhebt die Weko keine Vorwürfe. Die Weko habe aber vor dem Hintergrund der Untersuchung gegen die Banken auch ihre Räumlichkeiten durchsucht, wie Twint bekannt gab. Darüber zeigt sich die Tochter der Banken erstaunt.
Bei Swisscard können Kunden die mobilen Zahlungslösungen von Apple Pay (seit November 2016) und von Samsung Pay (seit August 2017) nutzen. Auch Swisscard teilte mit, sie sei deshalb überrascht deshalb, dass die Wettbewerbskommission (Weko) auch Swisscard in ein Verfahren miteinbezog. Zudem sei Swisscard zuversichtlich, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden.
Die UBS kommentiert die laufenden Untersuchungen nicht. Sie hält aber fest, dass sie bereits 2016 versucht habe, sich mit Apple Pay über eine Nutzung der UBS-Kreditkarten zu einigen. «Obwohl wir mehrere Alternativen angeboten haben, konnte mit Apple Pay leider keine Einigung zur Zusammenarbeit gefunden werden», so die Grossbank.
Die Weko konzentriert ihre Untersuchung vorläufig auf Banken, die mit Twint zusammenarbeiteten. Allerdings müsse das in Zukunft nicht so beiben, sagt Weko-Vizedirektor Olivier Schaller der sda. So können etwa auch die Kunden der Coop-Supercard-Kreditkarte Apple und Samsung Pay nicht nutzen.
Auch Apple im Visier der Weko
Der Tech-Riese Apple kommt hierzulande nicht vom Fleck mit seiner Bezahllösung. Aus Sicht der Finanzinstitute verlangt Apple zuviel Geld für den Dienst. Bisher bietet nur eine Handvoll kleine bis mittlere Anbieter ihre Kundschaft die Möglichkeit, die Kreditkarte mit Apple Pay zu koppeln. Bezahl-Apps sind in der Schweizer Bevölkerung laut Umfragen bislang noch wenig verbreitet, auch wenn die Nutzungszahlen steigen. Gemäss dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug erreicht das Bezahlen von unterwegs mit monatlich etwa 1,75 Millionen Transaktionen einen Marktanteil von ungefähr 0,5 Prozent.
Pikant: Vor zwei Jahren reichte die Stiftung für Konsumentenschutz bei der Weko eine Klage gegen Apple Pay ein, weil der Grosskonzern seinen Bezahldienst in der Schweiz einführen wollte, ohne anderen Anbietern den Zugang zu wichtigen Schnittstellen zu gewähren. Die Stiftung forderte gleich lange Spiesse für alle Anbieter, die Weko solle nicht kuschen vor einem marktbeherrschenden Weltkonzern.
Apple verweigert den anderen Anbietern von Bezahl-Apps wie Twint allerdings bis heute den Zugriff auf die NFC-Schnittstelle. Nur Apple Pay wird die Kommunikation via Near Field Communication (NFC) erlaubt. Dabei wäre dies die einfachste und schnellste Technologie. Das Hinhalten des Handys an den Zahlterminal genügt, dass Öffnen einer App oder Scannen eines Codes entfällt. Die Untersuchung ist laut Weko kurz vor dem Abschluss. (gnc/SDA)
Liebe Leser, zahlen Sie mit Apple Pay oder nutzen Sie Twint? Braucht es überhaupt solche Bezahllösungen?