«Dem Eigenheimmarkt geht die Puste aus.» So titelt die Raiffeisenbank ihre neue Studie zum Immobilienmarkt. Der Preisanstieg habe sich im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal spürbar verlangsamt.
Die Preise von Einfamilienhäusern legten um 0,7 Prozent zu, die Preise für Eigentumswohnungen hingegen gaben leicht nach. Am stärksten sei die Preiskorrektur bei luxuriösen und hochpreisigen Eigentumsobjekten ausgefallen.
Preisspitze gebrochen?
Selbst an besten Lagen lasse sich nicht mehr jeder Preis durchsetzen, die Preisspitze scheine gebrochen, heisst es in der BLICK vorliegenden Studie. Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff spricht von einer «zwar langwierigen, aber weichen Landung» der Eigentumsmärkte.
Von den über 10’000 leer stehenden Eigentumsobjekten gehören laut Neff die meisten dem gehobenen oder dem Topsegment an. Oder es seien von der Grösse her überdimensionierte Wohnungen an weniger guten Lagen.
Die Folge: Die Nachfrage verlagere sich in erschwingliche Lagen oder kleinere Objekte mit weniger hohem Ausbaustandard. Dabei seien die potenziellen Käufer wieder zu Kompromissen bereit. Nicht nur was die Lage, sondern auch was Grösse und Ausbaustandard der gesuchten Objekte betreffe.
Deutlich günstiger wird ein Kauf an einer weniger guten Makrolage. Das Einfamilienhaus befindet sich dann beispielsweise nicht mehr auf Berner oder Luzerner Stadtgebiet, sondern weniger zentral in Richtung Schwarzwasser oder Sursee. Dies alleine mache bereits einen Preisunterschied von rund 25 Prozent aus.
Raiffeisen kritisiert Vergabekriterien für Hypotheken
Trotz der historisch einzigartig günstigen Hypotheken sei der breiten Masse der Bevölkerung der Weg zum Wohneigentum zuletzt sukzessive verbaut worden, kritisiert Raiffeisen. «Nur wenige junge Haushalte sind in der Lage, die seit gut vier Jahren geforderten zehn Prozent harten Eigenkapitals aufzubringen.»
So sieht die Eigenheimfinanzierung am Beispiel an einer jungen Familie mit einem Brutto-Jahreseinkommen von 125'000 Franken aus: Beim mittleren Schweizer Einfamilienhauspreis von 950’000 Franken beträgt die kalkulatorische Belastung 45 Prozent des Bruttoeinkommens (Annahme: kalkulatorischer Zinssatz 5%, Belehnung von 80%, lineare Amortisation der zweiten Hypothek über 15 Jahre, Unterhaltskosten 1%). «Um die Tragbarkeitsschwelle zu erreichen, darf der Hauspreis maximal 712’500 Franken betragen, also 25 Prozent weniger», rechnet Neff vor.
Forderung nach nur 3 Prozent
Die strikte Ansetzung des kalkulatorischen Zinssatzes auf fünf Prozent bei der Tragbarkeitsrechnung sei angesichts der historisch tiefen Zinssätze nicht mehr zeitgemäss, schreibt Raiffeisen, denn sie beruhe auf Durchschnittswerten «längst vergangener Tage».
Sie habe aber zur Folge, dass nur noch ganz wenige Haushalte in der Schweiz und vor allem immer weniger jüngere Familien eigentumsfähig seien. «Eine breite Streuung von Wohneigentum, wie in der Verfassung vorgesehen, ist inzwischen nicht mehr möglich. Der Bund kommt also seinem Verfassungsauftrag nicht mehr nach.»
Würde die kalkulatorische Tragbarkeit bei drei Prozent angesetzt, könnten deutlich mehr Haushalte auch heute noch Eigentum erwerben und vom Tiefzinsumfeld profitieren, sagt Neff. Das Zinsänderungsrisiko sei auch auf lange Frist kontrollierbar.
Raiffeisen bezeichnet sich als dritte Kraft im Schweizer Bankenmarkt. Ihr Marktanteil im Hypothekargeschäft beträgt 17,1 Prozent. (uro)