Sie musste sich immer als Frau unter Männern behaupten: als Kind mit ihren beiden Brüdern, dann in der Armee, heute in der Forschung. Missy Cummings, eine Koryphäe im Bereich künstliche Intelligenz, spezialisiert auf selbstfahrende Fahrzeuge. Wir treffen die US-Amerikanerin in Davos GR – sie kommt, ganz unspektakulär, zu Fuss zum Termin in einem Café.
BLICK: Frau Cummings, früher flogen Sie Kampfjets. Jetzt sind Sie Uni-Professorin. Wie kams?
Missy Cummings: Ich war elf Jahre beim Militär, drei Jahre flog ich F/A-18-Hornet-Kampfjets. Fast jeden Monat starb ein Kollege. Jedes Mal war der Mensch schuld. Darum wollte ich mich mit der Frage zu beschäftigen, wie man diese unnötigen Todesfälle verhindern kann.
Was wird zuerst führerlos unterwegs sein: Autos, Züge, Flugzeuge?
Bei gewissen Zügen gibt es das jetzt schon.
In der Schweiz gibt es eine U-Bahn in Lausanne, die autonom fährt. Und das Zügli am Flughafen Zürich, das die Passagiere zum Terminal E fährt. Warum also nicht gleich bei allen Zügen?
Es ist komplex. Bei geschützten Linien wie in Lausanne und am Flughafen Zürich gibt es zum Beispiel keine Bahnübergänge, die Züge fahren nicht besonders schnell, da konnte man das Ganze schon voll automatisieren. Aber auch in einem Intercity zwischen Zürich und Bern ist schon sehr viel automatisiert: Der Zug bremst automatisch, wenn er zu schnell unterwegs ist oder der Lokführer nicht rechtzeitig bremst.
Irgendwann wird die Technik so weit sein, dass es keine Lokführer mehr braucht.
Ja, und in vielen Fällen ist das sogar gut so. Einen Zug über Hunderte Kilometer in tiefem Tempo durch Australien zu fahren, ist enorm langweilig, eine Qual für den Lokführer. Das menschliche Gehirn ist nicht dafür gemacht. Solche Arbeitnehmer werden eher gewalttätig daheim, nehmen eher Drogen. Hier ist dem Lokführer geholfen, wenn sein Job abgeschafft wird. Und der Firma sowieso, weil sie für solch langweilige Tätigkeiten keine Löhne mehr zahlen muss.
Wann werden uns selbstfahrende Autos durch die Gegend kutschieren?
Bis man wirklich ins Auto steigt, einen Ort eintippt und sich schlafen legt, dauert es noch mehrere Jahrzehnte. Aber es gibt Zwischenschritte auf dem Weg dorthin. Schon heute gibt es selbstfahrende Busse. Es dauert auch nicht mehr lange, bis man auf der Autobahn auf Autopilot stellen kann.
Warum werden Autos noch lange nicht voll autonom fahren?
Die künstliche Intelligenz wird für Jahrzehnte das grösste Problem bleiben. Wir haben den Systemen immer noch nicht beigebracht, so zu sehen, wie wir Menschen sehen.
Ein Beispiel?
US-Forscher haben eine Brille entwickelt; wenn man die anzieht und sich vor eine Kamera mit künstlicher Intelligenz stellt, meint deren System, man habe eine andere Hautfarbe oder ein anderes Geschlecht.
Der grosse Vorteil beim Zugfahren ist heute, dass man die Beine hochlegen und ein Bier trinken kann. Sobald man das aber im Auto kann ...
... könnte die Eisenbahn von einem Tag auf den anderen überflüssig sein. Und hier trifft es dann Europa besonders stark, weil ihr hier ein deutlich besseres ÖV-System habt. Auch autonom fahrende LKW werden die Eisenbahn bedrohen. Den genauen Zeitpunkt kenne ich nicht, aber es wird passieren.
Sind Sie sicher, dass die Menschen aufs Selberfahren verzichten wollen?
Früher brauchte man Pferde zur Fortbewegung. Pferde gibt es immer noch, aber zur Erholung und zum Spass. Mit dem Auto wird es gleich sein. Man wird dann in spezielle Parks auf dem Land fahren, um dort selber ein Auto zu steuern.
Wie steht es um autonome Flugzeuge?
Die könnten heute schon selbständig fliegen. Viele Dinge im Flug geschehen bereits im Autopilot. Ich sage immer: Die meisten Frachtflugzeuge sollten jetzt schon Drohnen sein.
Warum nur Fracht-Maschinen?
Menschen würden nicht in ein Flugzeug ohne Pilot steigen wollen. Man nennt das Shared Fate (Englisch für: geteiltes Schicksal, d. Red.). Passagiere wollen, dass ein verantwortlicher Mensch auf dem Flug ist, der bei einem Absturz ebenfalls sterben würde.
Autonome Helikopter-Taxis könnten bald Realität sein. In den letzten Jahren haben mehrere erfolgreiche Tests stattgefunden.
Die Technik funktioniert. Das Problem ist die Infrastruktur. Man muss den Luftraum überwachen, die Gefährte müssen miteinander kommunizieren können. Wir sind noch nicht bereit dafür, aber sie sind viel wahrscheinlicher in naher Zukunft als selbstfahrende Autos.
Brauchen wir in Zukunft für solche Fortbewegungsmittel noch einen Fahrausweis?
Nein, warum auch? Wer reich genug ist, bestellt sich so einen Helikopter mit dem Handy nach Hause. Alle anderen gehen zu einem Helikopter-Taxistand.
Man besitzt sein Gefährt nicht mehr.
Das ist heute schon teilweise so. Wer in der Stadt wohnt, hat heute schon oft kein eigenes Auto mehr, sondern macht vielleicht bei einem Car-Sharing-Angebot mit.
Das sind schreckliche Nachrichten für die Autoindustrie.
Zuerst hatten die Autohersteller den gleichen Gedanken wie Sie und brachen in Panik aus. Dann rechneten ein paar clevere Ökonomen aus, dass man nicht nur das Auto, sondern auch die Wartung anbieten kann. Und immer das neuste Modell. Während die Menschen jahrzehntelang ihr eigenes Auto fahren, brauchen Ride-Sharing-Netzwerke immer die neusten Modelle. Das ist eine Goldgrube für die Hersteller.
Wer wird in 50 Jahren unsere Autos produzieren? Dinosaurier wie Chevrolet oder Mercedes – oder neue Firmen wie Tesla?
Tesla wird es in dieser Form nicht mehr geben. Die kommen ja heute mit der Produktion schon nicht mehr nach. Wahrscheinlich werden Hybrid-Konzerne die Lösung sein. Chevrolet und Mercedes wissen, wie man grosse Massen an Autos produziert. Aber sie haben keine Ahnung von Software. Tesla oder Uber kennen sich mit Software aus, aber nicht mit der Produktion von physischen Dingen. Darum werden die Konzerne die Kräfte bündeln.
Na toll, dann sammeln die Tech-Firmen noch mehr sensible Daten über uns.
Ja, diese Autos werden mehrere Kameras auf die Passagiere richten. Alles, was Sie sagen und tun, wird aufgezeichnet. Der Körper wird gescannt werden, der Blutdruck genommen. Ich gehe davon aus, dass Sie im Auto Pizza backen können, dass Ihnen ein Roboter die Fingernägel lackiert. All das, während Sie reisen.
Missy Cummings (51) heisst eigentlich Mary, doch ihr Militärspitzname ist ihr geblieben. Bereits ihr Vater war Berufssoldat, sie wuchs in Tennessee (USA) auf, studierte Mathematik und wurde 1988 eine der ersten Kampfjet-Pilotinnen der US-Navy. 1999 wechselte sie in die Forschung. Heute leitet sie das Labor für künstliche Intelligenz an der renommierten Duke-Universität in North Carolina (USA). Ihr Spezialgebiet: autonome Fahr- und Flugzeuge.
Missy Cummings (51) heisst eigentlich Mary, doch ihr Militärspitzname ist ihr geblieben. Bereits ihr Vater war Berufssoldat, sie wuchs in Tennessee (USA) auf, studierte Mathematik und wurde 1988 eine der ersten Kampfjet-Pilotinnen der US-Navy. 1999 wechselte sie in die Forschung. Heute leitet sie das Labor für künstliche Intelligenz an der renommierten Duke-Universität in North Carolina (USA). Ihr Spezialgebiet: autonome Fahr- und Flugzeuge.
Missy Cummings (51) heisst eigentlich Mary, doch ihr Militärspitzname ist ihr geblieben. Bereits ihr Vater war Berufssoldat, sie wuchs in Tennessee (USA) auf, studierte Mathematik und wurde 1988 eine der ersten Kampfjet-Pilotinnen der US-Navy. 1999 wechselte sie in die Forschung. Heute leitet sie das Labor für künstliche Intelligenz an der renommierten Duke-Universität in North Carolina (USA). Ihr Spezialgebiet: autonome Fahr- und Flugzeuge.
Missy Cummings (51) heisst eigentlich Mary, doch ihr Militärspitzname ist ihr geblieben. Bereits ihr Vater war Berufssoldat, sie wuchs in Tennessee (USA) auf, studierte Mathematik und wurde 1988 eine der ersten Kampfjet-Pilotinnen der US-Navy. 1999 wechselte sie in die Forschung. Heute leitet sie das Labor für künstliche Intelligenz an der renommierten Duke-Universität in North Carolina (USA). Ihr Spezialgebiet: autonome Fahr- und Flugzeuge.