Bei seiner Europa-Visite spielt der US-Präsident den strengen Sheriff. «Die Deutschen sind böse, sehr böse», wetterte Donald Trump (70) im Gespräch mit den EU-Chefs Jean-Claude Juncker (62) und Donald Tusk (60). «Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen.»
Seit wann ist es verboten, Autos zu exportieren? Man kann den Amerikanern doch nicht verargen, wenn sie lieber BMW, Mercedes und Audi statt Dodge und Chrysler fahren. Gegen deutsche Luxuskarossen sehen US-Autos alt aus.
Dennoch: Ganz daneben liegt Trump nicht. Jahr für Jahr fahren die Deutschen höhere Handelsbilanzüberschüsse ein. Letztes Jahr blieben ihnen 252 Milliarden Euro in der Kasse. Die deutschen Exporte in die USA haben sich in den letzten sieben Jahren beinahe verdoppelt.
«Wir sind Exportweltmeister!», jubeln die Deutschen jedes Mal, wenn neue Zahlen bekannt werden. Doch den Titel verdanken sie nur zum Teil ihren überlegenen Produkten. Der Rest ist Foulspiel.
Die Deutschen haben ihre Wirtschaft auf Kosten anderer Länder saniert. Das Rezept heisst Lohndumping. Von 1999 bis zur Finanzkrise stand Deutschland auf der Lohnbremse. «Die Löhne blieben im Vergleich mit anderen Ländern der Eurozone um rund 15 Prozent zurück», sagt der Ökonom und BLICK-Kolumnist Werner Vontobel. «Heute hat das Land einen der grössten Niedriglohnsektoren Europas.»
Solange alle Länder eigene Währungen hatten, war die deutsche Lohndrückerei kein Problem. Die D-Mark wertete auf und stoppte den deutschen Höhenflug. Seit der Einführung des Euro funktioniert dieser Ausgleich nicht mehr. Deutschland hat eine starke Wirtschaft, aber eine schwache Währung. Das ist eine tödliche Mischung für andere Länder.
Das zeigt: Mit seinen Vorwürfen trifft Trump einen wunden Punkt der deutschen Wirtschaftspolitik. Klar ist aber auch: Die USA sind nicht das Hauptopfer. Der Dollar gibt ihnen viel Spielraum zum Reagieren. Viel härter trifft es die europäischen Partner: Die deutschen Überschüsse sind ihre Arbeitslosen.