Auf einen Blick
Jetzt hat Donald Trump (78) auf Worte auch Taten folgen lassen: Seit Dienstag sind die Strafzölle von 25 Prozent gegen Mexiko und Kanada in Kraft. Anfang Februar setzte der US-Präsident den Zoll-Hammer gegen die zwei Nachbarländer für 30 Tage aus – nach Zusicherungen aus Mexiko und Kanada zu mehr Grenzschutz und Kriminalitätsbekämpfung. Nun aber hat Trumps Handelskrieg neue Dimensionen erreicht. Bisher hatte er in seiner zweiten Amtszeit bloss Importabgaben auf Waren des geopolitischen Gegenspielers China eingeführt.
Das Beispiel Mexiko und Kanada zeigt: Zölle sind Teil der Verhandlungsstrategie von Trump. Er baut eine Drohkulisse auf, um damit sein Gegenüber an den Handelstisch zu zwingen und ihm dort einen für die USA besseren Deal abzuringen. Bei Mexiko und Kanada sieht der US-Präsident offenbar noch Spielraum. Eine neue Studie mit Schweizer Beteiligung bringt nun einen Faktor ins Spiel, der Trumps Taktik etwas die Würze nimmt: die Geschichte.
Gute Handelsbeziehungen sind Gegengift für Zölle
Für die Studie haben Forschende der Universität St. Gallen (HSG), der ETH Zürich, der italienischen Universität Pavia und der US-Hochschule UC San Diego Handelsdaten von verschiedenen Ländern verglichen. Die Kernaussage des wissenschaftlichen Papiers: «Wir finden empirisch, dass Firmen mit langen Handelserfahrungen robuster auf negative Störungen reagieren und den Markt nicht gleich verlassen», sagt Studienautor Reto Föllmi (48), Professor für Makroökonomie und Aussenhandel an der HSG.
Das bedeutet: Der Handel zwischen den USA und Ländern, die mit den Vereinigten Staaten von Amerika seit vielen Jahren gute Beziehungen pflegen, ist weniger anfällig auf Zölle. «Exporteure und Importeure haben ein Netzwerk etabliert», begründet Föllmi den Effekt. Diese Firmen hätten viel Zeit, Ressourcen und Geld in diese Handelsbeziehung investiert, würden Regulationen und Schlüsselpersonen kennen.
Hoffnung für Europa im Zollkrieg mit den USA
Die neue Studie kratzt mit ihren Erkenntnissen somit auch an Trumps Drohkulisse gegenüber Europa. Zwar wurde die Studie nicht im Hinblick auf die derzeit drohenden Handelskriege durchgeführt, aber: Die Befunde seien grundsätzlich auch auf den Handel zwischen dem alten Kontinent und Amerika anwendbar, findet Föllmi: «Der Handelsaustausch zwischen Europa und den USA hält schon lange an und ist (noch) intensiv.» Sprich: Die historischen Handelsbeziehungen entzaubern Trumps magischen Zoll-Hammer, den er auch gegen die EU – und allenfalls auch gegen die Schweiz – einsetzen will. Zumindest ein bisschen.
Derzeit übt sich Europa noch darin, eigene Stärke zu zeigen. Die EU hat mehrfach mit einer «entschlossenen und schnellen» Reaktion gedroht, sollte Trump tatsächlich «schon bald» Zölle von 25 Prozent auf Autos und «alle anderen Dinge» einführen, wie er es zuletzt in einer Kabinettsitzung Ende Februar ankündigte. Auch der oberste Schweizer Industrielle, Swissmem-Präsident Martin Hirzel (55), bezeichnete kürzlich die vom US-Präsidenten gestreuten Unsicherheiten als «Albtraum» für hiesige Unternehmen.
Dass die EU mit Gegenzöllen reagieren will, kann laut Föllmi verhandlungstaktisch sinnvoll sein – mit folgender Einschränkung: «Erheben beide Seiten Zölle, stehen aber beide am Schluss schlechter da.» Und der Faktor Zeit könnte dann auch die historisch robusten Handelsbeziehungen zwischen den USA und Europa an ihre Grenzen bringen, wie aus der aktuellen Studie hervorgeht. «Wenn die Zölle und die allgemeine Unsicherheit zu lange anhalten, ziehen sich immer mehr Firmen zurück, und der Netzwerkeffekt geht verloren», so Föllmi. Sprich: Zu gelassen darf man also in Europa nicht auf den Handelskrieg von Trump schauen.