Die Fernsehteams geben sich die Klinke in die Hand, alle wollen von Thomas Jordan (57) wissen, wie er auf die Vorwürfe aus den USA reagiert. Gelassen wie immer verteidigt der Präsident der Schweizerischen Nationalbank die Geldpolitik.
BLICK: Herr Jordan, die USA stufen die Schweiz als Währungsmanipulatorin ein. Hat Sie der Bericht schockiert?
Thomas Jordan: Es war sicher nicht gerade ein Anlass für mich, um am Abend eine schöne Flasche Bordeaux zu öffnen. Aber die Situation lässt sich nun mal nicht ändern. Wir stehen im Dialog mit unseren Kollegen in Amerika, die Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA sind sehr gut.
Sie betonen den guten Dialog zwischen der Schweiz und den USA. Hat man trotzdem aneinander vorbeigeredet?
Der amerikanische Kongress hat bestimmte Kriterien aufgestellt. Die Schweiz erfüllt nun diese Kriterien, das hat der amerikanischen Regierung gar keinen grossen Spielraum gelassen. Ganz wichtig ist nun zu verstehen: Die Schweiz und die Nationalbank sind keine Währungsmanipulatoren. Wir machen eine Geldpolitik, die notwendig ist – und die unserem Mandat entspricht.
Die SNB will weiter intervenieren. Ist das die richtige Antwort, um eine Konfrontation mit den USA zu vermeiden?
Wir müssen das sehr gut erklären. Bei Ausbruch der Finanzkrise vor über zwölf Jahren lag der Euro-Franken-Kurs bei 1.68. Danach fiel der Euro stetig, war zeitweise gleich viel wert wie ein Franken. Heute liegt der Kurs bei 1.08 Franken für einen Euro. Der Wert des Dollars ist in diesem Zeitraum von 1.25 Franken auf unter 90 Rappen gefallen. All das zeigt, der Franken hat sich stark aufgewertet, und gleichzeitig ist die Teuerung sehr tief. Deshalb waren die Geldmarktinterventionen notwendig, um Deflation zu verhindern.
Die Schweizer Wirtschaft soll 2020 gemäss SNB-Prognose weniger stark einbrechen als bisher befürchtet. Woher dieser Optimismus?
Anfang und Mitte Jahr war der Pessimismus gross. Die Erholung fiel dann aber stärker aus als angenommen. Ein Rückgang von 3 Prozent, das ist immer noch eine sehr scharfe Rezession.
Ist eine Sonderausschüttung denkbar? Mehr Geld für die Kantone zum Beispiel?
Wir haben eine sehr vernünftige Vereinbarung mit dem Bund, wie wir unsere Gewinne ausschütten. Diese Vereinbarung haben wir ja bereits für 2019 und 2020 Jahr angepasst. So wurden für 2019 bereits 4 Milliarden ausgeschüttet, das ist doch schon einiges mehr als die ursprüngliche Milliarde.
Braucht es einen zweiten Lockdown?
Diese Entscheidung muss der Bundesrat treffen. Es braucht eine Güterabwägung aller Interessen. Das ist eine sehr schwere Entscheidung, denn die Unsicherheit darüber, wo wir stehen und was noch alles auf uns zukommt, ist gross. Der Bundesrat hat das bislang sehr gut gemacht. Er hat geschaut, welche Massnahmen das Virus eindämmen und was man machen kann, damit die Wirtschaft nicht zu sehr eingeschränkt wird.