Letzte Woche hat sich Star-Chirurg Thierry Carrel (55) kritisch zum Lohnniveau der Ärzte geäussert. Obwohl es beim Ärzte-Job immer um Leben und Tod ginge, falle das Salär - in seinem Fall rund 600'000 Franken - bedeutend geringer als bei Top-Bankern und Wirtschaftsmanagern aus. «Ich stelle mir immer wieder die Frage, ob die eine Arbeit tatsächlich so viel mehr wert sein kann als die andere.»
Wirtschaftsberaterin Sonja A. Buholzer erklärte sich die Einkommensschere folgendermassen: «Das Angebot an jungen, hervorragend ausgebildeten Ärzten und Fachärzten, auch aus dem Ausland, ist anspruchsvoll. Das generiert Wettbewerb und senkt das Lohnniveau. Die Zahl exzellenter Wirtschaftsführer hingegen ist noch immer klein und exklusiv.»
Für den Ärzteverband FMH ist die Erklärung ein Hohn. Zentralvorstandsmitglied Christoph Bosshard wird deutlich: «Die durchschnittlichen Ärzteeinkommen haben sich im Vergleich mit anderen Berufsklassen in den vergangenen 30 Jahren halbiert.»
Bosshard bezieht sich dabei auf die von der FMH publizierten Einkommensstudien. Doch wie kam es zu dieser Entwicklung? «Ärztinnen und Ärzte sind mitunter wahrscheinlich in Einkommensfragen schlechtere Verhandler als Wirtschaftsmanager», vermutet er.
«Da wir aktuell einen Ärztemangel haben, gehe ich nicht von ihrer Hypothese aus, dass zu viele Ärzte die Löhne drücken.» (bam/kaz)