Die Staf packt die Abschaffung der Steuerprivilegien für Statusgesellschaften, Steuererleichterungen für alle Unternehmen und einen Zustupf von 2 Milliarden Franken für die AHV in eine einzige Vorlage. Kritik an der Verknüpfung sachfremder Themen lässt sgv-Präsident Jean-François Rime nicht gelten: «Wenn wir eine Mehrheit bekommen wollen, müssen wir solche Kompromisse schmieden", sagte er.
Eine Mehrheit ist seiner Meinung nach unbedingt nötig. Die Steuerreform sei wichtig und dringlich, sagte der Freiburger SVP-Nationalrat. Es gebe keine Alternative zur Staf. Gewerbeverbands-Direktor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (ZH) erinnerte daran, dass die Sonderbesteuerung international tätiger Statusgesellschaften nicht mehr akzeptiert werde. Die Schweiz müsse diese abschaffen - ob einem das gefalle oder nicht.
Keine Option sei es aber, auf Begleitmassnahmen zu verzichten. Der Steuerstandort Schweiz würde seine Attraktivität von einem Moment auf den anderen verlieren, warnte Bigler. Das würde die Bundeskasse, die KMU und die ganze Wirtschaft treffen. «Mit der Staf wird die Sonderbesteuerung abgeschafft, ohne den Wettbewerbsvorteil des guten Steuerklimas zu verschenken", sagte Bigler.
FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger (BL) hob die föderalistische Komponente der Vorlage hervor: Die Kantone könnten jene Massnahmen auswählen, die ihrem Wirtschaftsstandort und somit auch den KMU am meisten nützten.
Auch die Rechtssicherheit für Unternehmen ist für das KMU-Komitee ein entscheidendes Plus. Ohne Staf seien die Statusgesellschaften dem Risiko von Strafaktionen im Ausland ausgesetzt, sagte der Berner Unternehmer und BDP-Nationalrat Hans Grunder. Die Schweiz ihrerseits müsse damit rechnen, dass diese Unternehmen abwanderten.
Um das zu verhindern, sind bürgerliche Parteien und die Wirtschaftsverbände mehrheitlich bereit, 2 Milliarden Franken pro Jahr in die AHV zu stecken. Auf diesen Betrag belaufen sich nach Schätzungen die Kosten der Staf. Eine Lösung für die Probleme der AHV sieht das KMU-Komitee darin nicht.
«Wir sind nicht fertig mit der AHV-Reform", betonte Schneeberger. In einem ersten Schritt brauche es eine Angleichung des Frauenrentenalters und eine moderate Mehrwertsteuer-Erhöhung, sagte Bigler. In einem zweiten Schritt sei eine Strukturreform nötig.
Das bedeutet die Erhöhung des Rentenalters. Kritiker befürchten jedoch, dass die Staf eine AHV-Reform die längste Zeit verhindern wird. Sie machen auch geltend, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wegen der Verknüpfung zweier Themen ihren politischen Willen nicht unverfälscht zum Ausdruck bringen können.
«Manchmal rechtfertige das Ziel die Mittel", zitierte der Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi den Renaissance-Philosophen Niccolò Machiavelli. Wenn das Parlament keine Lösung gefunden hätte, wären die Folgen für den Standort Schweiz gravierend gewesen.
Das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (Staf) ist eine Neuauflage der 2017 gescheiterten Unternehmenssteuerreform III. Diese war nicht zuletzt wegen des fehlenden sozialen Ausgleichs bekämpft worden. Mit einem jährlichen Zustupf an die AHV von rund 2 Milliarden Franken hat das Parlament diese Kritik aufgenommen.
Auslöser der Unternehmenssteuerreform ist der internationale Druck auf die kantonalen Steuerprivilegien für internationale Firmen. Diese werden abgeschafft. Im Gegenzug wollen fast alle Kantone die Gewinnsteuer senken.
Mit der Patentbox oder zusätzlichen Steuerabzügen winken weitere Erleichterungen. Andererseits wird die Teilbesteuerung von Dividenden tendenziell erhöht und das umstrittene Kapitaleinlageprinzip eingeschränkt.
Die Vorlage wird von verschiedenen Seiten bekämpft. Grüne und ein Teil der Linken haben das Referendum ergriffen, weil sie gegen neue Steuererleichterungen sind. Bürgerliche Jungparteien und ein Teil der SVP wehren sich gegen die Verknüpfung von Unternehmenssteuerreform und AHV-Finanzierung.