Magdalena Martullo-Blocher, Chefin der Ems-Chemie, liess 2010 ein Buch über ihre Firma verfassen. Der Titel lautete: «Erfolg als Auftrag – Die Geschichte eines unmöglichen Unternehmens». Blocher-Duktus, wie man ihn kennt.
Unmöglich war das Unternehmen natürlich nicht: Seit Martullo 2004 die Verantwortung von Vater Christoph Blocher an der Konzernspitze übernahm, hat sich der Aktienwert versechsfacht.
Es gab auch magere Jahre – für den Staat, nicht für die Aktionäre: 2009 führte Ems-Chemie Kurzarbeit ein, dennoch wurden Dividenden ausgeschüttet.
Ems beliefert Automobil-, Elektronik- und Verpackungshersteller in aller Welt, die Blochers verdienen Geld in der EU oder in Asien. Wenn es ums Geschäft geht, wird die Politikerin pragmatisch:Kritik am kommunistischen China kann man von Martullo nicht erwarten.
Von Legenden umrankt sind die Umstände, unter denen Christoph Blocher 1983 in den Besitz des Werks im bündnerischen Domat/Ems gekommen war. Der Politiker und Zögling des 1979 verstorbenen Ems-Patrons Werner Oswald wurde von der Besitzerfamilie beauftragt, einen Käufer für die Firma zu finden. Dass Blocher in Wahrheit selber auf einen Erwerb hinarbeitete, wussten nur zwei der fünf Oswald-Kinder – ein klassisches Täuschungsmanöver.
Dem Coup haftet bis heute etwas Mysteriöses an. Da ist etwa der kolportierte Schnäppchenpreis von 16 Millionen Franken – heute ist Ems an der Börse 15 Milliarden Franken wert. Schnell wurde der Verdacht laut, Blocher habe das Unternehmen bewusst schlechtgeredet, was er vehement bestreitet.
1981 jedenfalls stellte ein Firmencommuniqué, von Blocher selbst verfasst, die Ertragsaussichten in Frage; ausbleibende Dividenden schockten die Aktionäre. Sicher ist: Blocher schlug zum günstigsten Zeitpunkt zu.
Bemerkenswert auch, dass der damals 42-Jährige einen Kredit in zweistelliger Millionenhöhe erhielt. Der Journalist Fredy Gsteiger beschreibt in seinem Buch «Blocher: ein unschweizerisches Phänomen», wie sich einflussreiche Banker um SBG-Präsident Robert Holzach für SBG-Verwaltungsrat Blocher einsetzten.
Die Pointe: Ohne Hilfe von der Bahnhofstrasse gäbe es den Milliardär Blocher nicht, der gegen das Wirtschafts- und Politestablishment poltert.
Die Vorgängerfirma der Ems, die Holzverzuckerungs AG (Hovag), lebte bis 1956 massiv von staatlicher Unterstützung; im Zweiten Weltkrieg deckte Emser Wasser genanntes Bioethanol einen Drittel des Schweizer Treibstoffbedarfs.
Damit verdankt die wirtschaftsliberale Dynastie aus Herrliberg ZH ihren Reichtum zumindest indirekt auch staatlichen Subventionen.