Diese Wochen trafen zwei Welten aufeinander.
Das waren zum einen die UBS-Kleinaktionäre, die an der GV in der Basler St. Jakobshalle gegen den 14-Millionen-Lohn von CEO Sergio Ermotti wetterten («Sie sollten sich schämen»). Und da waren ehemalige CS-Anleger, die mit aufgesetzter Kult-SKA-Kappe an die gute alte Zeit ihrer Bank erinnerten.
Sie hatten viel zu sagen, aber faktisch nichts zu melden. Denn die grosse Mehrheit der Aktien und damit die Hebel der Macht liegen in der Hand von ausländischen Grossanlegern.
Spagat zwischen Schweiz-UBS und globaler UBS
Womit wir auf der anderen Seite der UBS-Welt sind: den globalen Investoren, die sich von anonymen Stimmrechtsberatern vertreten lassen. Diese winkten Ermottis fürstliches Salär schon im Vorfeld der GV durch. Sie interessiert die Schweizer Boni-Debatte nicht, sondern dass für sie selber möglichst viel herausschaut.
Hier die bodenständige Schweiz-UBS, da die gewinnmaximierende globale UBS.
Seit der Notrettung der CS mithilfe des Staates macht die letzte verbliebene Schweizer Grossbank einen noch grösseren Spagat. Im Inland ist sie mit neuen Regulierungen konfrontiert und muss aufpassen, mit ihrer Salärpolitik nicht zu viel Vertrauen zu verspielen. Zum anderen will sie sich auf dem globalen Finanzmarkt durchsetzen, wo das Recht des Stärkeren gilt. Eine Bank, zwei Welten.
Ermottis Nachfolger – kein Schweizer mehr?
Der kosmopolitische Tessiner Sergio Ermotti verkörpert diese beiden Welten bisher nahezu perfekt. Er ist ein weltgewandter Banker, der hier die Lehre gemacht hat, und zugleich als Stimmbürger unsere direkte Demokratie und ihre Protagonisten versteht.
Sein für Normalsterbliche schwer nachvollziehbares Salär hat Kratzer in seinem Lack hinterlassen. Im Empörungsgewitter geht allerdings unter, was die Festlegung des CEO-Lohns auch noch bedeutet: Der UBS-Verwaltungsrat schafft mit dieser Gehaltsklasse (sie soll nächstes Jahr von 14 sogar auf maximal 20 Millionen Franken steigen) die Voraussetzung, Ermottis Nachfolger dereinst im Ausland rekrutieren zu können. Ein internationaler Topshot, so die Bankerlogik, lasse sich nur locken, wenn er annähernd so viel verdienen kann wie in einer amerikanischen Grossbank vom Kaliber einer Goldman Sachs (aktuell 31 Millionen Dollar).
Der UBS-Chef bald kein Schweizer mehr? Zwar hat die Bank in der zweiten Reihe vielversprechende Einheimische am Start. Aber ob der Verwaltungsrat unter der Führung des Iren Colm Kelleher auf die Nationalität Rücksicht nehmen wird, ist fraglich.
Geschäftlich spielt es keine Rolle, ob der UBS-Chef einen roten Pass hat. Politisch wäre es ein fatales Zeichen. Immerhin gilt die UBS als systemrelevante Bank, die der Staat im schlimmsten Fall retten müsste.
Ein UBS-Wegzug aus der Schweiz
Eine noch grössere Entfremdung würde ein Wegzug der UBS aus der Schweiz bedeuten. In der aktuellen Debatte halten sich die UBS-Chefs mit solchen Szenarien zurück. Aber je stärker die Regulierungen seitens des Staates, desto eher poppt die Verlagerung des Hauptsitzes ins Ausland als reale Option wieder auf.
Die UBS hat der Schweiz einiges zu verdanken: ihre eigene Rettung im Jahr 2009, das Geschenk Credit Suisse sowie die Swissness, die sie in ihrem Namen trägt und für Sicherheit und Zuverlässigkeit steht.
Umgekehrt hat die Schweiz ein Interesse an einer funktionierenden Grossbank. Sie ist Wirtschaftsmotor und erleichtert die finanzielle Unabhängigkeit des Landes. Gleichzeitig mehren sich Stimmen, die mehr Risiko als Chance sehen in der neuen XXL-Bank, die mit über 1700 Milliarden Dollar Bilanzsumme mehr als doppelt so gross geworden ist wie das Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Braucht die Schweiz diese UBS noch und zu welchem Preis? Und: Wie viel ist der UBS die Schweiz langfristig wert? Diese Fragen müssen beide Seiten klären. Leichtfertig aufs Spiel setzen sollten sie ihre Beziehung nicht.