Auf dem Land sind sie noch nicht wegzudenken, die guten alten Verkaufskassen mit persönlicher Bedienung. In städtischen Läden weichen sie nach und nach Selbstbezahlautomaten. Doch das ist erst der Anfang der neuen Einkaufswelt in der Schweiz.
Das Ausland ist da schon viel weiter. «In Asien wird man heute beispielsweise schräg angeschaut, wenn man mit der Bankkarte bezahlen will, geschweige denn mit Bargeld», sagt Detailhandelsexperte Martin Hotz. Millionen Konsumenten shoppen über den Kurzmitteilungsdienst Wechat oder mit der Handy-Bezahl-App Alipay des Online-Giganten Alibaba aus China.
Vorbilder Alibaba und Amazon
Kassenloses Einkaufen mittels Gesichtserkennung oder Fingerabdruck sei in China heute «eine Selbstverständlichkeit», führt Hotz aus. Viele dieser Einkaufskonzepte und Entwicklungen halten aber bald auch in der Schweiz Einzug. Schweizer Detailhändler schauten beim Technologieleader Alibaba ab. Vorbild sei auch der US-Online-Riese Amazon, der in Übersee mit Amazon Go vor zwei Jahren das kassenlose Ladenkonzept eingeführt hat.
Doch wieso sehen Schweizer Detailhändler die Zukunft in den Technologien von Alibaba und Amazon? Diese Tech-Konzerne machen es vor, wie man den konventionellen Verkaufsladen und das Online-Shopping am besten miteinander verknüpft.
Vorwärts machen die Asiaten mit Gesichtserkennung und Co. Anfang Monat wurde bekannt, dass auch Amazon ein System für die Erfassung des Kunden zwecks Bezahlung über Handscan patentiert hat.
Das allerdings dürfte so schnell nicht in die Schweiz kommen. «Erkennungen über Gesicht und andere biologische Merkmale sind in der Schweiz nicht auf dem Radar, weil sie hier aus Datenschutzgründen nicht erlaubt werden», sagt Hotz.
Grosses Ausbaupotenzial
Derzeit testeten viele Schweizer Händler neue Verkaufstechnologien, beobachtet der Experte. So können Konsumenten quasi als Versuchskaninchen seit letztem Frühling in den Valora-Läden Avec X und Avec box kassenlos mit einer Handy-App einkaufen. Seit zwei Jahren bewähren sich etwa die rund 550 Pick-up-Standorte in Coop-Läden, wo man sich Online-Bestellungen liefern lassen kann.
Die SBB wiederum testen die neue App «FastLane». Damit können Passagiere im Zug Kaffee oder Snacks in Shops am Bahnhof Zürich bestellen und dann abholen. Wie BLICK weiss, werden die Tests im ersten Halbjahr 2020 auf die Bahnhöfe Bern und Basel SBB ausgeweitet.
Für die hierzulande bereits etablierten Technologien Self-Check-out, Self-Scanning und mobile Zahlungsmittel sehen drei Viertel der Branchenführer bis 2022 weiteres Ausbaupotenzial in den Läden. Das geht aus einer Befragung des Beratungsunternehmens Fuhrer & Hotz hervor.
Läden werden nicht verschwinden
Weitere Technologien könnten bei uns Einzug halten, die sich im Ausland bereits bewähren. So betreibt der Modekonzern Otto Group in Deutschland einen digital unterstützten Laden. Kunden können auf einer App das gewünschte Produkt in der richtigen Grösse etwa direkt in die Umkleidekabine bestellen.
Trotz vielen neuen Zukunfts-Shops betont der Experte: «Nicht einmal die Digital Natives sagen, dass sie gar keine Läden mehr wollen.» Aber die Läden würden beim Einkaufen eine andere Funktion erhalten.
Einige innovative Detailhändler denken weiterhin an die Kunden, die den sozialen Kontakt an den guten alten Kassen schätzen. So richtete Jumbo in Holland extra Plauderkassen ein, die bei älteren Menschen sehr beliebt sind.