Unia schlägt nach Umfrage Alarm
Zwei von drei leiden unter Stress im Büro

Die Unia kündigt Widerstand gegen eine «weitere Liberalisierung des Arbeitsgesetzes» an. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, präsentiert die Gewerkschaft eine Umfrage zum Thema Stress im Büro.
Publiziert: 16.01.2017 um 13:52 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:53 Uhr
Grossraumbüro in Dübendorf ZH: In büronahen Dienstleistungsberufen fühlt sich die Mehrheit der Beschäftigten (69,8 Prozent) am Arbeitsplatz Stress ausgesetzt, 54,4 Prozent fühlen sich oft gestresst. (Symbolbild).
Foto: Martin Ruetsc
Ulrich Rotzinger

Am kommenden Montag berät die Wirtschaftskommission im Nationalrat (WAK) die beiden parlamentarischen Initiativen Graber und Keller-Sutter. Es geht um Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung für leitende Angestellte und eine Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes – eine Liberalisierung des Arbeitsgesetzes.

«Beide wollen die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes und dessen Verordnungen 1 und 2 aushöhlen. Sie sind ein direkter Angriff auf den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden in der Schweiz», sagt Vania Alleva (47), Präsidentin der Unia, heute an einer Veranstaltung der Gewerkschaft. Das Arbeitsgesetz sei ein notwendiger Schutz gegen Stress und Burnout.

Mit beiden Vorstössen würden die heute schon prekären Arbeitsbedingungen der Angestellten dramatisch verschlechtert. Alleva: «Arbeiten bis zum Umfallen? Ohne uns!»

54 Prozent fühlen sich oft gestresst

Die Gewerkschaft stützt sich auf eine Online-Befragung in den Branchen wie Versicherungen, Krankenkassen, Informatik, Werbung, Verwaltungen und Banken. Insgesamt nahmen 586 Personen teil. Die Mehrheit der Befragten sind Frauen.

Die Resultate: In büronahen Dienstleistungsberufen fühlt sich die Mehrheit der Beschäftigten (69,8 Prozent) am Arbeitsplatz Stress ausgesetzt, 54,4 Prozent fühlen sich oft gestresst. Nur 6,2 Prozent geben an, nie oder selten gestresst zu sein.

Die Folgerung: Der arbeitsbedingte Stress hat negative Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit. «Viele Beschäftigte fühlen sich aufgrund des Stresses unmotiviert, ausgelaugt, nervös und gereizt oder körperlich angeschlagen», schreibt die Unia. Alarmierend: In der Hälfte der Betriebe seien Gesundheitsmanagement und Stressprävention kein Thema.

Zeitdruck ist Hauptgrund für Stress

58,7 Prozent der Befragten geben «Zeitdruck» als Hauptgrund für den arbeitsbedingten Stress an, gefolgt von «häufigen Unterbrechungen»
(46 Prozent) und «Leistungsdruck» (40,5 Prozent). Es folgen «unklare Anweisungen» und «überlange Arbeitstage» als Stressquellen.

Laut Unia werden flexible Arbeitszeitmodelle mit individualisierter Arbeitszeit immer häufiger. Die Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben lösten sich auf. Gesundheit und Wohlbefinden könne dies sehr belasten. Die Gewerkschaft sieht diese Entwicklung durch die Umfrageresultate bestätigt.

Sie kündigte mit der Vorstellung der Umfrage heute an, «sich mit allen Mitteln gegen die gefährlichen parlamentarischen Initiativen Graber und Keller-Sutter zu wehren». Alleva fordert, dass die parlamentarische Kommission des Nationalrats nächste Woche eine weitere Liberalisierung des Arbeitsgesetzes ablehnt.

Gesundheitsförderung mit niedrigeren Stress-Kennzahlen

Jährlich erscheint der Job-Stress-Index der Gesundheitsförderung Schweiz. Die Resultate 2016 dieses Stressbarometers auf der Grundlage einer repräsentativen Erhebung bei 2973 Erwerbstätigen sind weniger stark ausgeprägt als jene der Unia-Befragung.

Nur jeder vierte Erwerbstätige (25,4 Prozent) gibt an, Stress am Arbeitsplatz zu haben. Rechnet man dies auf alle Erwerbstätigen in der Schweiz hoch, sind hier insgesamt 1,3 Millionen Menschen betroffen.

Fast die Hälfte befinde sich in einem sensiblen Bereich, sprich die persönlichen Ressourcen reichten knapp noch aus, um die Belastungen auszugleichen.

Personen mit mehr Belastungen als Ressourcen fallen laut der Gesundheitsförderung im Schnitt deutlich öfter aus. Das Fazit: Stress kostet die Arbeitgeber rund 5,7 Milliarden Franken pro Jahr. Teilzeitmodelle könnten Möglichkeiten bieten, besser mit Belastungen bei der Arbeit umzugehen.

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