Uhrenexperte Pierre-André Schmitt über die Probleme von Swatch & Co, die Jungen zu erreichen
«Die Party ist vorbei»

Pierre-André Schmitt, Chefredaktor des Schweizer Uhrenmagazins «Watch Around» über junge Kunden, mechanische Uhrwerke und Versäumnisse der Schweizer Luxusproduzenten.
Publiziert: 20.03.2018 um 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:16 Uhr
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Pierre-André Schmitt (59) war Chefredaktor der «Automobil Revue» und stellvertretender Chefredaktor beim Wirtschaftsmagazin «Bilanz». Dort lebte er als Verantwortlicher für die Uhren-Berichterstattung auch seine Passion für Zeitmesser aus. Heute ist er Mitinhaber und Co-Chefredaktor beim Schweizer Uhrenmagazin «Watch Around».
Foto: Bilanz
René Lüchinger

Das gab es noch nie: Ein komplettes Stockwerk der Halle 1, das extra für die Baselworld gebaut wurde, steht während der diesjährigen Ausgabe, die am 22. März beginnt, leer. Die Zeiten, als an der wichtigsten Uhrenmesse noch ein Drittel der Produktion verkauft oder vorverkauft wurden, sind vorbei. Laut Experten sind Kunden heute besser informiert. Uhren zu jedem Preis zu verkaufen, sei heute nicht mehr so einfach. Uhrenfreak und Experte Pierre-André Schmitt (59) sorgt sich auch über den Stellenwert der mechanischen Uhren, gerade bei den Jungen. Die Industrie habe es verpasst, jenseits der Swatch coole und günstige Uhren für eine Millennial-Generation herzustellen. Eine Tatsache, die nirgends besser als an der bevorstehenden Baselworld zu beobachten ist.

BLICK: Herr Schmitt, die Jungen haben ihr iPhone und brauchen eigentlich keine Uhr mehr am Handgelenk. Das spürt wohl auch die Baselworld?
Pierre-André Schmitt
: Die mechanische Uhr hat bei den Millennials sicherlich nicht mehr den Stellenwert, den sie für meine Generation im gleichen Alter noch hatte. Aber das ändert nichts daran, dass die Uhr am Handgelenk noch immer die praktischste Art ist, die Zeit abzulesen. Diese müssen sie nicht mühsam hervorkramen wie ein Handy.

Sie sind also nicht so pessimistisch?
Nein, nicht wirklich. Swatch-Group-Chef Nick Hayek sagt ja zu Recht: Wer eine Smartwatch trägt, hat immerhin schon eine Uhr am Handgelenk. Das sind dann auch die Kunden von morgen für mechanische Uhren. Und dann kommt noch etwas anderes dazu.

Was denn?
Die Uhr hat auch eine Status-Funktion. Sie sagt etwas über den Besitzer aus. Es ist ein Unterschied, ob ich eine teure Patek Philippe trage oder eine Casio. Die Uhr ist ein Schmuckstück, für Männer praktisch das einzige.

Die Jungen haben aber lieber eine Apple Watch als eine Patek.
Das hat aber weniger mit der Digitalisierung oder der Elektronik einer Apple Watch zu tun, mit der sich Gehdistanzen oder Schlafverhalten überprüfen lassen.

Sondern?
Die Industrie hat es verpasst, jenseits der Swatch coole und günstige Uhren für eine Millennial-Generation herzustellen. Das ist nun eine Einstiegshürde für Jüngere. Ich wünschte mir, dass sie etwas kühnere Angebote auf den Markt bringt. Sie darf die nachwachsende Generation nicht vernachlässigen und muss Einsteigermodelle anbieten, die die Jüngeren ansprechen.

Warum wurde das verpasst?
Weil es nicht nötig war. Die Kunden, gerade auch Chinesen, haben den Händlern die Schweizer Uhren buchstäblich aus der Hand gerissen. Diese Party ist nun vorbei.

Wo liegt die Zukunft? Bei der Apple Watch, der mechanischen Uhr oder einer ganz neuen Uhr als Kombination von beidem?
Der Kunde ist hybrid geworden. Tagsüber und in der Freizeit tragen viele eine Smartwatch, die Schritte zählt. Abends im Ausgang prangt dann eben doch die Manufaktur-Uhr am Handgelenk. Etwa eine Vintage-Rolex.

In einer Uhr kombinieren lässt sich das nicht?
Elektronik und Mechanik schliesst sich bei der Uhr weitgehend aus. Ein elektronisches Gadget hat nur eine begrenzte Lebensdauer. Eine teure mechanische Uhr ist aber für die Ewigkeit gebaut, wird vererbt und kann zur Wertanlage werden. Ein Gadget muss in erster Linie nützlich sein und stets dem neusten technischen Stand entsprechen. 

Wie viele Uhren besitzen Sie?
Uhren machen mir Freude. Sie sind auch ein bisschen Ersatz für die Märklin-Eisenbahn der Jugendzeit. Auch mechanische Uhren können den Spieltrieb befriedigen und sind nicht nur ein Instrument zum Zeitablesen. Deshalb besitze ich rund 30 Uhren verschiedenster Marken, die ich nach Lust und Laune abwechselnd trage.

Passion für Zeitmesser

Pierre-André Schmitt (59) war Chefredaktor der «Automobil Revue» und stellvertretender Chefredaktor beim Wirtschaftsmagazin «Bilanz». Dort lebte er als Verantwortlicher für die Uhren-Berichterstattung auch seine Passion für Zeitmesser aus.

Heute ist er Mitinhaber und Co-Chefredaktor beim Schweizer Uhrenmagazin «Watch Around».

Für Pierre-André Schmitt sind Uhren das wichtigste Schmuckstück für Männer.
VCG

Pierre-André Schmitt (59) war Chefredaktor der «Automobil Revue» und stellvertretender Chefredaktor beim Wirtschaftsmagazin «Bilanz». Dort lebte er als Verantwortlicher für die Uhren-Berichterstattung auch seine Passion für Zeitmesser aus.

Heute ist er Mitinhaber und Co-Chefredaktor beim Schweizer Uhrenmagazin «Watch Around».

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