Nein, ganz spurlos geht das Frankenhoch an der Uhrenindustrie nicht vorbei. Nicht einmal an ganz grossen Namen. «Wir verlieren bis Juni 150 Millionen Franken Umsatz», sagt Thierry Stern (44), Chef von Patek Philippe. Das ist selbst für die Genfer Edelmanufaktur, deren Werke schnell mal so viel kosten wie ein Mittelklassewagen, eine schöne Stange Geld.
Doch Stern nimmt die Einbussen in Kauf. Wegen der Währungsturbulenzen hat er in Asien und den USA kurzerhand die Preise gesenkt.
Jean-Claude Biver (65), Chef des Uhrengeschäfts des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH, geht denselben Weg: Seine Marke Tag Heuer wird bis zu 13 Prozent günstiger.
Das zeigt: Niemand will die Fehler der 1970er-Jahre wiederholen. Damals setzten die Uhrenbarone nur noch auf Luxus, schraubten die Preise hoch und verloren die Kunden aus den Augen. Die Folge war ein brutaler Absturz.
Heute ist die Schweizer Uhrenindustrie stärker denn je. Letztes Jahr exportierte sie Zeitmesser im Wert von 22,2 Milliarden Franken – ein historischer Rekord. Pro Uhr verdienten die Hersteller im Schnitt 775 Franken.
Bei den teuren Stücken beherrschen die Schweizer Hersteller zwei Drittel des Weltmarktes. «Eine unglaubliche Position», sagt Adrian Bosshard (53), Chef der Marke Certina.
Dieses Jahr dürfte die Rekordjagd weitergehen – trotz der Preissenkungen. An der Baselworld feiert sich die Branche ohne falsche Bescheidenheit. Supermodels wie Bar Refaeli (29) präsentieren die neuen Kollektionen, der Champagner fliesst in Strömen. Um Krise zu schieben, fehlt der Branche schlicht die Zeit.
«Der Frankenschock hat sich gelegt», sagt Bosshard. Der Dollar und die meisten asiatischen Währungen sind wieder auf dem Stand vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses Mitte Januar. Certina liegt in den meisten Märkten über Vorjahr.
Tissot-Chef François Thiébaud (67) peilt aufs ganze Jahr ein Wachstum von fünf bis zehn Prozent an. «Das ist zwar nicht exzellent, aber gut», sagt der Belgier. Denn gewohnt ist er zweistellige Zuwachsraten.
Selbst Swatch-Group-Präsidentin Nayla Hayek (63) gibt sich gelassen. Der Tsunami, den ihr Bruder Nick vorausgesagt hat, ist nicht eingetroffen. Der Heimmarkt Schweiz leide zwar darunter, dass weniger Touristen kämen und weniger Geld ausgäben. «Aber abgesehen davon haben wir keinen Grund zu klagen», so die mächtigste Frau der Branche.