Anfang Juni hat die Genossenschaft Migros Zürich 31 neue «deutsche Lieblingsprodukte» unserer Nachbarn in grössere Filialen des Grossraums Zürich geholt. Den Grossteil der heute 150 Lebensmitteln aus Deutschland finden Konsumenten auch im Online-Supermarkt LeShop.
Allerdings hat der Grossverteiler vergessen, auch die deutschen Preise zu übernehmen. Bei der Migros Zürich kostet ein und dasselbe Produkt bis zu 186,9 Prozent mehr als jenseits der Grenze.
SonntagsBlick ist Mitte Juni nach Konstanz (D) gefahren und hat die Migros-Preise der deutschen Produkte mit denjenigen von Edeka verglichen. Ein Vergleich auf Augenhöhe: Wie die Migros ist Edeka genossenschaftlich organisiert, die Supermärkte verfügen über ein ähnliches Sortiment, Aktionen wurden nicht berücksichtigt. Für den Euro gilt der fixierte Mindestkurs von Fr. 1.20.
Krass: Spreewald-Senfgurken im Glas kosten bei der Migros Fr. 3.40, bei Edeka dagegen umgerechnet nur Fr. 1.91. Bei Migros ist der Artikel also 78 Prozent teurer. Noch krasser: Zahlt der Edeka-Kunde für Nürnberger Rostbratwürste Fr. 2.51, verlangt die Migros Fr. 7.20 – das ist weit mehr als das Doppelte. Während SonntagsBlick bei Edeka für den gesamten Einkauf Fr. 68.45 zahlte, verlangte Migros mit Fr. 106.55 fast 56 Prozent mehr.
SonntagsBlick hakt nach: Sind die Produkte etwa auf dem Transport in die Schweiz teurer geworden? Migros-Zürich-Sprecher Rolf Fuchs: «Wir beziehen zurzeit Kleinstmengen und müssen dafür einen hohen Einstandspreis bezahlen.» Zudem sei man auf Zwischenhändler angewiesen, da man aufgrund der kleinen Mengen nicht direkt beim Hersteller einkaufen könne.
Bei Wurstwaren sei zudem ein hoher Zoll fällig. «Darum muss ein Kunde für die deutschen Spezialitäten mehr bezahlen.» Fuchs hält fest: «Wir verdienen dabei nicht zusätzlich – die Margen bewegen sich sogar im leicht unterdurchschnittlichen Rahmen.»
Warum verzichtet Migros dann nicht auf die deutschen Produkte? Offenbar hat es der Grossverteiler auf die wachsende Zahl zahlungskräftiger Zuzüger aus Deutschland abgesehen. Fast 80'000 Deutsche leben im Kanton Zürich, davon 30'000 in der Stadt.
Fuchs wiederspricht: «Wir wollen innovativ sein und Kunden immer wieder Neues bieten.» Eine Zwischenbilanz sei erfreulich. Beliebt seien etwa Duplo-Pralinen und Meica-Curry-Würste, sehr beliebt auch die Nougat-Waffeln von Hanuta.
Die Erfahrungen der Migros Zürich sollen Grundlage sein für eine spätere Ausdehnung der «Lieblingsprodukte» auf andere Genossenschaften. Wenn die Migros da nicht wieder vergisst, die deutschen Preise mitzunehmen.