BLICK: Herr Elstner, wie gefällt Ihnen das Leben als Banker?
Frank Elstner: Ich habe grosse Erfahrung mit Schweizer Bankern. Als ich 1985 «Wetten, dass ..?» in Basel machte, lautete die Saalwette: «Wetten, dass es Ihnen nicht gelingt, 20 Bankdirektoren als Punker verkleidet auf die Bühne zu kriegen?» Wir haben es geschafft. Die Generaldirektoren der Bank verkleideten sich mit Ringen in den Ohren, der Nase und am Hals. Darüber hat die ganze Schweiz gestaunt.
Sie haben also die Erfahrung gemacht, dass Schweizer Banker für einen Scherz zu haben sind.
Nicht nur das. Ich habe auch festgestellt, dass die Schweizer Banker flexibel sind. Deshalb waren wir sehr erfreut, als die UBS auf uns zugekommen ist.
Sie haben die Rechte für Ihre Interviews mit Wirtschafts-Nobelpreisträgern der UBS verkauft. Wetten, dass Ihnen die Bank mindestens drei Millionen Euro gezahlt hat?
Die Wette haben Sie verloren.
Es war mehr?
Es war viel weniger.
Dann haben Sie sich zu günstig verkauft.
Es geht hier nicht um Geld für uns, sondern für unser Projekt «Die Bilanz des Wissens». Unser Ziel ist es, sämtliche Nobelpreisträger zu interviewen. 132 Filme haben wir schon gedreht, nun wollen wir die nächsten 100 auch noch machen. Die UBS hilft uns, die Interviews mit den Wirtschafts-Nobelpreisträgern zu verbreiten und die Datenbank zu vervollständigen.
Sie könnten Ihre übrigen Interviews ebenfalls verkaufen – die Medizinpreisträger an Novartis oder die Physik-Gewinner an ABB.
Natürlich! Wir erhielten auch schon entsprechende Anfragen. Ich bin aber sehr zurückhaltend bei der Suche nach weiteren Partnern. Das Projekt würde sehr schnell zu einem Mehrfrontenkrieg. Mir wäre es am liebsten, einen Partner zu haben, der das gesamte Projekt unterstützt.
Sie möchten die Zusammenarbeit mit der UBS also ausbauen?
Genau so ist es. Drucken Sie das dick.
Durch die Zusammenarbeit mit der UBS entstehen Abhängigkeiten. Wie gehen Sie damit um?
Es gibt eine klare Abmachung. Mit den Nobelpreisträgern darf keine Werbung gemacht werden. Es wird nie ein Banner mit einem Nobelpreisträger geben, der sagt: «Legen Sie Ihr Geld bei der UBS an.» Inhaltlich sind wir völlig frei. Die UBS macht uns keinerlei Vorgaben. Es ist wichtig, dass die Neutralität gewahrt wird.
Was sagen die Nobelpreisträger dazu, dass ihre Porträts auf der Online-Plattform der UBS laufen?
Wir haben keine einzige negative Reaktion erhalten.
Der US-Ökonom Paul Krugman ist ein eingefleischter Linker und Bankenkritiker. Waren Sie schon bei ihm?
Ja, wir haben ein sehr spannendes Interview mit ihm gemacht. Auch er hatte keinerlei Einwände.
Was lernen die Zuschauer von Ihren Sendungen?
Sie erhalten Informationen von den besten Köpfen der Wissenschaft. Das ist ein ungeheures Privileg für alle wissbegierigen Menschen. Manche Informationen sind auch von praktischem Nutzen. Franco Modigliani sagte uns im Sommer 1987, er erwarte in den nächsten sechs Monaten einen Börsencrash. Wir haben dem ZDF gesagt, dass der Stoff sofort gesendet werden sollte. Tatsächlich erfolgte die Ausstrahlung aber erst drei oder vier Monate nach dem Crash. Mit der UBS als Partner passiert uns das bestimmt nicht mehr.
Fernsehen ist teuer. Braucht es neue Wege, wenn man anspruchsvolle Sendungen überhaupt noch finanzieren will?
Wir haben in Amerika ein grosses Mäzenatentum. Es gibt inzwischen auch in Europa reiche Leute, die wertvolle Projekte unterstützen. All jene Sendungen, die sich nicht durch eine riesige Einschaltquote finanzieren lassen, brauchen Unterstützung. Wenn man heute wissenschaftliche Formate mehrheitsfähig machen will, geht das nur so.
Die von Ihnen erfundene Erfolgssendung «Wetten, dass ..?», die Sie 1981 erfunden haben, wurde auch eingestellt, weil sie am Ende zu teuer war. Hätte man die Show mit einem Sponsor wie der UBS retten können?
Nein, bei einer öffentlich-rechtlichen Anstalt wie dem ZDF ist das nicht möglich – es gibt klare Werbeeinschränkungen.
Welche Möglichkeiten gibt es, die teuren Samstagabend-Kisten vor dem Tod zu retten?
Ich glaube nicht, dass das Ende von «Wetten, dass ..?» mit den Kosten zu tun hatte. Die Sendung wurde ausgeleiert. Es gab jahrelange Diskussionen, wer moderieren soll. Am Schluss wurde jeder, der einen geraden Satz sagen konnte, ins Gespräch gebracht. Zudem gab es Sendungen, die ähnlich mit Wetten gearbeitet haben. Das Ganze wurde zerfranst. Wenn man eines Tages wieder hingeht und sagt: Wir nehmen den richtigen Protagonisten, der mit der richtigen Einstellung dafür kämpft, dann kann so eine Sendung auch wieder laufen. Wenn Gottschalk nicht aufgehört hätte, würde die Situation anders aussehen.
Die sozialen Medien galten bis vor kurzem als Totengräber des Fernsehens. Nun sieht man, dass Plattformen wie Facebook gewisse Sendungen erst recht populär machen. Erlebt das klassische Fernsehen dank des Internets ein Comeback?
Da bin ich mir nicht sicher. Natürlich gibt es zusätzliche Zuschauer dank des Internets. Aber es gibt auch viele, die wegschalten, wenn man es zu viel einsetzt. Die Frage ist eher: Passt das Internet ins alte Fernsehen oder schauen die Jungen nicht einfach lieber im Internet Fernsehen? Meine Kinder gucken kein TV mehr. Sie stellen es selber zusammen. On-Demand-Programme sind die Zukunft.
Sie sehen also schwarz für das Fernsehen?
Das Problem ist, dass das herkömmliche Fernsehen in den letzten 20 Jahren nicht besser wurde. Es sind TV-Beamte herangezogen worden, die ihrem Job nachgehen. Sie sind unflexibel, risikoscheu und keine Unternehmer. Sie sind im Nachspann nicht mal aufgeführt. Wenn eine Sendung danebengeht, ist immer der Moderator schuld. Die wirklich Verantwortlichen können am Ende der Show in Ruhe nach Hause gehen, auch wenn sie Mist gebaut haben.
Sie haben immer anständige Shows gemacht. Was nervt Sie heute am Fernsehen?
Es gibt sehr viel Trash. Wer sich den ansieht, ist selber schuld. Ich habe kürzlich mal in eine Sendung reingeschaut, die heisst «Schwiegertochter gesucht». Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass ein Sender so ein Programm ausstrahlt. Es werden Menschen vorgeführt, die man eigentlich schützen müsste. Das finde ich menschenunwürdig. Aber es gibt auch wunderbare Kanäle, hinreissende Dokumentationen. Wann immer ich auf meinem Laufband bin, finde ich immer etwas – sei es beim Disney Channel, bei Phoenix oder Arte.
Der Präsident der UBS, Axel Weber, ist auch ein hochdekorierter Wissenschaftler. Wäre er ein Interviewpartner für Sie?
Für mich ist jeder ein Gast in der Sendung, der etwas zu sagen hat.
Was würden Sie Axel Weber fragen?
Vor allem Fragen, die mit der Gesamtsituation der Banken zu tun haben. Wie kommt man aus so einer Situation heraus? Wo fängt man an, Vertrauen aufzubauen? Und wann bekommt meine Schwiegermutter für ihr Erspartes doch noch ein bisschen Zins? Ganz praktische Fragen: Lohnt es sich noch, eine Lebensversicherung abzuschliessen, überhaupt zu sparen?
Mainz (D) – Mit «Wetten, dass ..?» hat Frank Elstner (74) 1981 die erfolgreichste Samstagabend-Show Europas erfunden. Bis 1987 moderierte er die Sendung selber, dann übergab er das Mikrofon Thomas Gottschalk (65). Elstner fand ein neues Steckenpferd: Porträts von Nobelpreisträgern. Bis 1994 lief die Serie «Die stillen Stars» im ZDF. Die Rechte an den Sendungen mit den Wirtschafts-Nobelpreisträgern hat Elstner nun für sieben Jahre der UBS verkauft. Die Bank zeigt die Dokus auf ihrer Homepage. 132 Nobelpreisträger hat Elstner schon interviewt. 100 weitere sollen folgen.
Mainz (D) – Mit «Wetten, dass ..?» hat Frank Elstner (74) 1981 die erfolgreichste Samstagabend-Show Europas erfunden. Bis 1987 moderierte er die Sendung selber, dann übergab er das Mikrofon Thomas Gottschalk (65). Elstner fand ein neues Steckenpferd: Porträts von Nobelpreisträgern. Bis 1994 lief die Serie «Die stillen Stars» im ZDF. Die Rechte an den Sendungen mit den Wirtschafts-Nobelpreisträgern hat Elstner nun für sieben Jahre der UBS verkauft. Die Bank zeigt die Dokus auf ihrer Homepage. 132 Nobelpreisträger hat Elstner schon interviewt. 100 weitere sollen folgen.