46 Seiten fasst das Dokument, das den Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen Gläubigern beenden soll. Es handelt sich um einen detaillierten Reformplan, den Ministerpräsident Alexis Tspiras heute in Brüssel dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker schmackhaft machen will. Und der endlich zum lange ersehnten Durchbruch in den Verhandlungen führen soll.
Erst gestern hatten sich die Gläubiger auf einen letzten Kompromiss geeinigt. Nun warten die Geldgeber gespannt auf die Reaktion der Griechen. Tsipras selbst sprach von einem «realistischen Plan». Er soll eine Reform der Mehrwertsteuer, eine Zusammenführung der Rentenkassen, die Abschaffung von Frühverrentungen und eine Beschleunigung der Privatisierungen umfassen.
Die Zeit drängt. Ende Monat läuft der europäische Teil des Hilfsprogramms aus, Griechenland droht die Pleite. Noch steht die Auszahlung von Hilfsgeldern in der Höhe von 7,2 Milliarden Euro aus. Doch die Troika zahlt erst, wenn ein überzeugender Reformplan vorliegt.
«EZB-Rat will, dass Griechenland im Euro bleibt»
Die Europäische Zentralbank (EZB) gibt sich optimistisch. Sie geht von einem Verbleib Griechenlands im Euroraum aus. Dafür müsse sich aber auch Athen bewegen und an seiner Glaubwürdigkeit arbeiten, forderte EZB-Präsident Mario Draghi heute in Frankfurt.
«Es gibt einen grossen Willen und eine starke Entschlossenheit, dass wir am Ende ein gutes Ergebnis finden. Daran arbeitet die EZB und daran arbeiten auch die EU-Kommission und der IWF», sagte der Notenbank-Präsident. Europas oberster Währungshüter betonte: «Der EZB-Rat will, dass Griechenland im Euro bleibt.»
Notwendig sei aber ein solides Abkommen mit Athen. «Wir brauchen eine glaubwürdige Perspektive für einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Überprüfungen», sagte Draghi. Ein solches Abkommen müsse das Wachstum stärken und sozial fair, zugleich aber für Griechenland bezahlbar sein. Wichtig sei, dass die griechische Links-Rechts-Regierung die Vereinbarungen auch tatsächlich umsetze.
1,5 Prozent Wachstum im Euroraum
Das hoch verschuldete Griechenland ringt seit Monaten mit den internationalen Geldgebern - EZB, Internationaler Währungsfonds (IWF) und die europäischen Partner - um neue Finanzhilfen. Ende Juni läuft das aktuelle Hilfsprogramm aus. Das Land braucht dringend frisches Geld, denn bereits an diesem Freitag muss Athen trotz leerer Kassen die nächste Kreditrate an den IWF zurückzahlen.
Für die Konjunktur im Euroraum insgesamt bleibt die EZB optimistisch - auch wenn die Wirtschaft zu Jahresbeginn schwächer lief als erhofft. Das habe vor allem an einer Schwäche der Schwellenländer gelegen, erklärte Draghi.
Für das laufende Jahr erwartet die EZB nach wie vor 1,5 Prozent Wachstum im Euroraum. Die Prognose für 2016 bleibt bei 1,9 Prozent. Für 2017 sagen die Notenbanker ein leicht nach unten korrigiertes BIP-Wachstum von 2,0 (bisher: 2,1) Prozent voraus.
«Die neuen Projektionen zu Wachstum und Inflation haben keine Überraschungen gebracht», erklärte der Analyst Jan Holthusen von der DZ Bank. Dass Draghi die erhöhte Volatilität an den Anleihemärkten in Zeiten niedriger Zinsen für normal erachte, zeige, dass «die Marktentwicklung der EZB gegenwärtig noch keine Sorge bereitet». (SDA/lha)