Steuererhöhungen, Abbau von Privilegien, Privatisierung von Staatsbetrieben: Der neue Reformplan der Griechen unterscheidet sich nur geringfügig vom Vorschlag, den das Volk am Sonntag an der Urne bachab schickte. Weshalb wurde der griechische Premierminister Alexis Tsipras (40) jetzt plötzlich weich? Vor der Abstimmung hatte er vehement ein Nein empfohlen!
Doch dann platzte dem EU-Parlamentarier und ehemaligen belgischen Premierminister Guy Verhofstadt (62) der Kragen. Der Politiker hielt am Mittwoch eine siebenminütige Wutrede – in Anwesenheit von Tsipras. «Ich bin sauer, weil wir tatsächlich auf einen Grexit zuschlafwandeln», sagte Verhofstadt. Der einzige Weg, dies zu vermeiden, sei ein vernünftiges Reformpaket. Der Chef der liberalen Fraktion machte dem linken Griechen-Premier auch klar, was er von ihm erwartet: «Beenden Sie die Vetternwirtschaft!» Der Beamtenapparat müsse verkleinert und für junge Leute geöffnet werden. «Sie müssen die öffentlichen Banken transformieren in private Banken», wetterte Verhofstadt weiter. Dann nahm er die Privilegien der Schiffseigner und der griechischen Inseln ins Visier. «Lassen Sie uns versuchen, die Privilegien in Ihrem Land abzuschaffen.»
Ohne Einigung mit den Gläubigern über konkrete Reformen bleiben die dringend benötigten Milliarden aus – und Griechenland rückt mit jedem Tag näher an den Staatsbankrott.
Die neue Reformliste der griechischen Regierung kommt den Forderungen Verhofstadts in mehreren Punkten nach. Die Griechen streichen Extrawürste: Die Mehrwertsteuer für Restaurants soll von 13 auf 23 Prozent angehoben, die Steuervorteile für die meisten Inseln sollen gestrichen werden. Auch Privatisierungen stehen auf der Liste. So soll der Staat die Häfen in Piräus und Thessaloniki, seine Anteile an einem Telekommunikationskonzern, mehrere Regionalflughäfen, eine Bahn- und eine Autobahngesellschaft verkaufen. Yachten, die länger sind als fünf Meter, sollen mit einer Luxus-Steuer belegt werden.
Im Gegenzug für 53,5 Milliarden Euro Hilfskredit will Tsipras zudem das Rentenalter bis 2022 auf 67 anheben und bei den Militärausgaben 300 Millionen Euro sparen.
Ob der Vorschlag bei den Geldgebern ankommt, ist noch unklar. Das griechische Parlament diskutierte gestern bis nach Redaktionsschluss, ob die Verhandlungen auf der Basis des neuen Reformplans weitergehen sollen.