Trump, Salvini, Johnson, Bolsonaro
Diese Populisten machen die Weltwirtschaft kaputt

Die Welt taumelt in die Krise. Schuld sind Populisten, deren Wirtschaftspolitik nur einem einzigen Zweck dient: ihrem nationalen Machterhalt.
Publiziert: 11.08.2019 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2019 um 09:15 Uhr
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US-Präsident Donald Trump (73) bricht Handels- und Währungskriege vom Zaun.
Foto: Getty Images
Danny Schlumpf

Die Experten sind sich einig: Der US-Präsident verstehe nichts von Wirtschaftspolitik. Donald Trump (73) ist das egal. Er weiss, wem die Wirtschaftspolitik dienen soll: ihm selbst. Diese populistische Logik ist massgeblich verantwortlich für die Krise, der die Weltwirtschaft entgegentaumelt.

Populisten sind Protektionisten. Sie schirmen den einheimischen Markt gegen ausländische Konkurrenz ab. «Sie verschliessen sich der Wirtschaftslogik und gefährden den Freihandel», sagt Laurent Goetschel (54), Politologie-Professor an der Uni Basel. Ihre Lieblingswaffe sind die Zölle.

Vergangene Woche kündigte Trump an, weitere chinesische Güter im Wert von 300 Milliarden Dollar mit Strafzöllen zu belegen, vor allem Konsumprodukte. Die US-Verbraucher werden das zu spüren bekommen. So ist es nicht erstaunlich, dass der Präsident von der US-Notenbank Federal Reserve ultimativ verlangt, die Zinsen zu senken – auf die für ihn typische Weise: mit persönlichen Attacken auf deren Präsidenten Jerome Powell (66).

Chinesen reagieren mit Boykott auf Agrargüter

Powell hat seine Unabhängigkeit lange behauptet, bevor er Ende Juli schliesslich nachgeben musste. Zum ersten Mal seit zehn Jahren senkte die «Fed» die Zinsen – um 0,25 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie es im Verlauf des Jahres erneut tun wird, ist trotz Powells gegenteiliger Behauptungen hoch. Schliesslich verlangt Trump bereits eine weitere Zinssenkung. Getreu dem populistischen Credo: Geldpolitik ist nicht dazu da, der Wirtschaft zu dienen, sondern den Regierenden.

Der Mann im Weissen Haus greift nicht nur die Unabhängigkeit der US-Notenbank an, sondern auch die Autorität der Welthandelsorganisation (WTO). «Mit seinen unberechenbaren Rundumschlägen destabilisiert der amerikanische Präsident das regelbasierte Welthandelssystem», sagt Ralph Ossa (41), Professor für Wirtschaft und internationalen Handel an der Universität Zürich. «Das ist für kleine Länder wie die Schweiz besonders problematisch. Wenn nur noch das Recht des Stärkeren gilt, haben sie keine Chance.»

Chinas Staatschef Xi Jinping (66), als blutiger Diktator natürlich ebenfalls kein Unschuldslamm, hat auf Trumps Strafzölle mit dem Boykott amerikanischer Agrargüter und einer Abwertung der chinesischen Währung Yuan reagiert. Damit droht eine Abwertungsspirale, denn andere Länder werden nachziehen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaften aufrechtzuerhalten.

Chaotischer Brexit mit Boris Johnson

Mit der Abwertung seiner Währung ist China aber noch nicht aus dem Schneider. Kaufkraftbereinigt ist das Land der Mitte die grösste Volkswirtschaft der Welt. Zurzeit verzeichnet es ein BIP-Wachstum von 6,2 Prozent. Sollte der Handelskrieg mit den USA weiter eskalieren, wird sich das ändern.

Adriel Jost vom Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners: «Wenn das chinesische BIP-Wachstum auf vier Prozent oder tiefer sinkt, hat das dramatische Folgen. Von China könnte die nächste Weltwirtschaftskrise ausgehen.»

Donald Trump ist nicht der einzige Populist, der die Weltwirtschaft bedroht. Auch Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson (55) hat die Macht, für immense ökonomische Verwerfungen zu sorgen. Im Oktober dürfte er die Briten durch einen chaotischen Brexit jagen. Das wurde beim Besuch seines Chefunterhändlers David Frost (54) am Freitag in Brüssel erneut deutlich. Politologe ­Goetschel: «Johnson hält an einem Austritt um jeden Preis fest.» Ein «harter» Brexit ohne Deal wird nicht nur die britische Wirtschaft weiter schwächen, sondern die gesamte bereits angeschlagene Eurozone.

Stagnierende Wirtschaft in der EU

Trump und Johnson sind die Schlachtrösser des Populismus. Aber rund um den Globus haben sie eine stattliche Reihe von Nacheiferern. Der Brasilianer Jair Bolsonaro (64) kopiert sein Vorbild Trump sogar im Verfassen peinlicher Tweets. Vor der Wahl zum Präsidenten der krisengeschüttelten fünftgrössten Volkswirtschaft der Welt räumte er freimütig ein, von Wirtschaftspolitik keine Ahnung zu haben. Aber auch er weiss, wem sie dienen soll: ihm selbst.

Sein neoliberaler Wirtschaftsminister hat hochtrabende Reformpläne vorgelegt. Doch Bolsonaro, Ex-Hauptmann der Reserve, wird im Zweifelsfall auf das Militär hören und dessen Abschottungsstrategie folgen – ein Unsicherheitsfaktor für das EU-Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenblock Mercosur.

Die Europäische Union hat allerdings zurzeit grössere Sorgen: Die Wirtschaft stagniert. Im Euroraum hat sich das Wachstumstempo im zweiten Quartal auf 0,2 Prozent halbiert. Deutschlands Wirtschaft ist im Sinkflug, seine Industrie steckt bereits in der Rezession. Davon wiederum profitieren populistische Parteien wie die AfD, die den Freihandel verteufeln und der gemeinsamen Währung die Schuld an der Misere geben.

Zentralbank steckt in der Nullzinsfalle

Der Euro ist tatsächlich schwach. Und weil mittlerweile auch Börsen auf die Krisenzeichen reagieren und Anleger nervös werden, gewinnen sichere Häfen weiter an Bedeutung. Am Mittwoch betrug der Preis für die Unze Gold erstmals seit sechs Jahren über 1500 Dollar. Und der Frankenkurs steigt weiter.

Die Europäische Zentralbank (EZB) schaut dieser Entwicklung hilflos zu. Denn sie steckt in der Nullzinsfalle: Seit der Finanzkrise 2008 senkt ihr Präsident Mario Draghi (71) die Zinsen und kauft Staatsanleihen in Billionen­höhe. So ermöglicht er hoch verschuldeten Staaten wie Italien und Griechenland, immer weiter und immer billiger Schulden zu machen.

Damit spielt die EZB Populisten in die Hände, die frisches Geld benötigen, um unliebsamen Sparübungen zu entgehen. Auch in Italien sind Populisten an der Macht: die 5-Sterne-Allianz um Innenminister Matteo Salvini (46). Er kündigte kurz nach seinem Amtsantritt vor 13 Monaten an, er habe keine Lust auf Sparen. Das kommt gut bei den Wählern an und entspricht ebenfalls der Logik des Populismus: Geldpolitik als Vehikel zum Machterhalt.

Trumps letzter Schuss könnte nach hinten losgehen

Also nutzte Salvini die tiefen Zinsen, um Italiens Schuldenberg noch höher aufzutürmen. Draghi, sein Landsmann an der Spitze der EZB, kann seither an eine Beendigung der Nullzinspolitik nicht einmal mehr versuchsweise denken. Jede Erhöhung der Zinsen würde Italien in den Staatsbankrott treiben.

Nationale Populisten provozieren eine globale Rezession: Die Konjunktur stagniert, die Märkte werden nervöser, Investitionen und Konsumlust nehmen ab.

Keine Frage, Trump wird weiter aus allen Rohren schiessen. Sein letzter Schuss jedoch könnte nach hinten losgehen: Erwischt ihn die Rezession noch vor den Wahlen 2020, ist er weg vom Fenster. Denn ein politisches Gesetz gilt auch für den Mann, der sich ansonsten um Regeln foutiert: «It’s the economy, stupid!»

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