Trotz immer weniger Stellensuchenden
Vermittlung von Arbeitslosen wird Jahr für Jahr teurer

Obwohl sie dank der sinkenden Zahl der Arbeitslosen nicht mehr so viele Jobs finden müssen, brauchen die Ämter mehr Geld als früher – schuld sei die neue Stellenmeldepflicht.
Publiziert: 01.06.2019 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:07 Uhr
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Die Schweizer Wirtschaft brummt, die Arbeitslosenquote liegt bei 2,6 Prozent. 2018 wurden weniger Stellensuchende registriert als seit Jahren.
Foto: Keystone
Thomas Schlittler

Die Schweizer Wirtschaft brummt, die Arbeitslosenquote liegt bei 2,6 Prozent. 2018 wurden weniger Stellen­suchende registriert als seit 
Jahren. Es mussten deutlich we­niger Arbeitslose vermittelt werden.

Zu erwarten wäre deshalb, dass auch der Aufwand für die Arbeitsvermittlung zurückgegangen ist. Doch weit gefehlt! Wie neue Zahlen zeigen, sind die Verwaltungskosten für den Vollzug der Arbeitslosenver­sicherung 2018 stark angestiegen: um 28,7 auf 756,4 Millionen Franken. In den letzten fünf Jahren wurden sie 72,5 Millionen höher, rund ein Zehntel – offenbar völlig unabhängig davon, ob sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannte oder schlechter wurde.

IT-Modernisierung und MEI

Wie ist das zu erklären? Das Staatssekretariat für Wirtschaft begründet die steigenden Verwaltungskosten mit der Modernisierung der Informa­tionstechnik – und der Einführung der neuen Stellenmeldepflicht. ­Seco-Sprecherin Livia Willi: «Die Stellenmeldepflicht ist ein Hauptkostentreiber. Der Mehraufwand hat die Kosten der kantonalen Vollzugsstellen erhöht.»

Diese Aussage ist brisant. Denn die Stellenmeldepflicht ist eine 
Folge der Masseneinwanderungs-Initiative. Sie wurde im Sommer 2018 eingeführt, um die Personenfreizügigkeit mit der EU zu retten. Arbeitgeber sind seither verpflichtet, den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) alle frei werdenden Stellen zu melden – sofern sie in einer Branche tätig sind, in der die Arbeitslosenquote höher ist als acht Prozent. Dieser Schwellenwert wird per 1. Januar 2020 auf fünf Prozent gesenkt. Livia Willi: «Dann dürften der Aufwand und damit die Kosten weiter zunehmen.»

«Verrat am Volk»

Ein weiterer Faktor kommt nach Auskunft der Seco-Sprecherin hinzu: Die RAV würden an der raschen und dauerhaften Wiedereingliederung der Stellensuchenden gemessen, nicht an ihren Verwaltungskosten. Denn ihr Erfolg zähle mehr: «Eine Senkung der durchschnittlichen Bezugsdauer führt pro Bezugstag zu Minderausgaben von 30 Millionen Franken pro Jahr.»

Ständerat Thomas Minder (58, parteilos) bezeichnet die Stellenmeldepflicht als «Verrat am Volk». Der Schaffhauser ist überzeugt: «Die Kosten werden noch mehr steigen, wenn es der Wirtschaft einmal schlechter geht und es wieder mehr Arbeitslose hat.» Das sei die Quittung dafür, dass das Parlament die Masseneinwanderungs-Initiative nicht richtig umgesetzt habe.

Philipp Müller (66, FDP), der als Vater der Stellenmeldepflicht gilt, lässt diese Kritik nicht gelten: «Kollege Minder sollte sich überlegen, welche immense Bürokratie und folglich explodierenden Kosten eine wortgetreue Umsetzung der SVP-Initiative gebracht hätte.» Der abtretende Aargauer Ständerat erklärt: «Dann müsste für jede offene Stelle vor der Rekrutierung einer ausländischen Arbeitskraft von den Unternehmen zuerst der Nachweis erbracht werden, dass im Inland genügend gesucht worden ist.»

Kostenexpolsion kaum verwunderlich

Die Aussagen des Seco machen Müller ebenfalls wütend: «Schon bevor das Parlament die Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative fertig beraten hat, hatten Exponenten des Seco und des kantonalen Arbeitsamts des Kantons Zürich gelästert, dass sie nicht in der Lage seien, den vorgesehenen Inländervorrang effizient umzusetzen.»

Die Kostenexplosion sei daher kaum verwunderlich. Müller: «Die zuständigen Herren sind ihrem Amt nicht gewachsen und sollten sich überlegen, ob sie am richtigen Ort arbeiten.»
Kein Zweifel: Die vor fünf Jahren angenommene Masseneinwanderungs-Initiative beschäftigt Bundesbern bis heute.

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