Die Schweiz spielt weltweit ganz oben mit, wenn es um die Höhe der Löhne geht. Allerdings haben Schweizerinnen und Schweizer im letzten Jahr weniger verdient. Das Bundesamt für Statistik gab bekannt, dass die Reallöhne um 0,4 Prozent gesunken sind. Heisst: Mit der Teuerung eingerechnet haben Angestellte weniger Lohn auf dem Konto als zuvor.
Einige Mitarbeitende dürften spätestens bei der nächsten Lohnrunde eine Lohnerhöhung fordern. Was bedeutet das für KMU? Timon Forrer ist Direktor bei der Unternehmensberatung Kienbaum und Experte im Thema Vergütung. Gegenüber Gryps verrät er, was Schweizer KMU beim Lohn beachten sollten.
Dieser Artikel wurde erstmals bei Gryps publiziert. Gryps ist ein Online-Portal für KMU mit Beschaffungswelt, Praxisratgeber und aktuellen Berichten.
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Bevor Mitarbeitende einen Arbeitsvertrag unterschreiben, gibt es in der Regel eine Lohnverhandlung. Hier bewerben sich unterschiedlichste Menschen für die gleiche Stelle. Sollen Arbeitgebende deren Lebensumstände beachten? «Nein», sagt Forrer. «Aus Unternehmersicht ist es irrelevant, ob Mitarbeitende ein Kind haben oder noch weitere bekommen.»
Auch ein höheres Alter allein rechtfertige einen höheren Lohn nicht, erklärt Forrer. «Entscheidend sollte sein, wie das Unternehmen die Leistungsfähigkeit des Mitarbeitenden einschätzt. Hierbei kann Erfahrung einer von vielen Faktoren sein.» Regelmässig werde Erfahrung jedoch überbewertet, sagt Forrer, da gerade in technischen Berufen das Wissen schnell überholt ist. Zudem sollten Unternehmen beachten: «Wenn ältere Mitarbeitende strukturell höher bezahlt werden, kann dies jüngere Mitarbeitende vergraulen.» Laut Forrer sind für die gleiche Funktion Lohnunterschiede von maximal 20 Prozent in Ordnung und auch das nur, wenn deutliche Leistungsunterschiede anerkannt werden.
Wann soll eine Firma eine Lohnerhöhung anbieten, wann nicht?
Die Lohnkosten sind mit etwa 70 Prozent der grösste Ausgabeposten bei vielen Firmen. Hier sollten sie sich Gedanken machen, wie die Ressourcen eingesetzt werden. Zusammenfassend sagt Forrer: «Wenn ich den richtigen Leuten genug Geld gebe, dann setze ich meine Ressourcen richtig ein.»
Wenn eine Mitarbeiterin also ein Jobangebot bei einer anderen Firma erhält, stellt sich die Frage: Soll die Firma ihr mehr Lohn anbieten, damit sie bleibt? Laut Forrer ist das nur eine kurzfristige Lösung: «Der motivierende Effekt einer Lohnerhöhung nimmt bereits nach wenigen Wochen ab», sagt Forrer. Ein weiterer Fehler sei es, Mitarbeitenden mehr zu bezahlen, als sie wert sind, um einen Wechsel zu vermeiden.
In diesem Fall sollte ein KMU eine grosse Lohnerhöhung anbieten:
Wenn Lernende nach der Ausbildung im Betrieb bleiben: In diesem Fall bekommen ehemalige Lernende direkt nach der Ausbildung einen eher tiefen Jahreslohn. Wenn sie dann zwei weitere Jahre im Betrieb bleiben und sie im Vergleich mit anderen Mitarbeitenden noch immer einen tiefen Lohn haben, sollten Firmen über Lohnerhöhungen bis zu zehn Prozent nachdenken. Diese ist laut Forrer in diesem Fall gerechtfertigt, weil dies oft sehr wertvolle Mitarbeitende sind. Eine Lohnerhöhung von mehr als zehn Prozent ist nur bei Beförderungen angezeigt.
In diesen Fällen sollten KMU ihre Mitarbeitenden für höhere Löhne gehen lassen:
Ein Arbeitgeber sollte einer Mitarbeiterin den Lohn bezahlen, den er für angemessen hält. Wenn der Arbeitgeber den Lohn dann auf einmal um zehn Prozent erhöht und sich das herumspricht, sei das schlecht fürs Betriebsklima. Der Vergütungsexperte nennt dies auch «interne Salärhygiene». Forrer: «Solche grossen Lohnerhöhungen geben zudem einen grossen Druck auf Lohnrunden.»
Im zweiten Fall verfolgen Mitarbeitende Karrierechancen, die ein KMU oft nicht bieten kann. So ist es beispielsweise bei Stellen als Teamleiterinnen, die in KMU nur selten frei werden. In einigen, kleineren KMU sind solche Kaderstellen oft gar nicht vorhanden.
Viele Kriterien für fairen Lohn
Um eine faire Vergütung anzubieten, können Lohnbänder hilfreich sein. Ein Lohnband kann ein Unternehmen von sehr simpel bis sehr professionell erstellen. Timon Forrer sagt aus Erfahrung: «Bei Kleinstfirmen können wir einen halben Tag mit Entscheidungsträgern zusammensitzen und ein Lohnband für das Unternehmen erstellen. Bei grösseren Firmen wird es komplexer.» Was sollten KMU beachten? Forrer: «Es lohnt sich, ein Gespür dafür zu haben, was der Markt bezahlt.» Es spielen aber auch einige andere Faktoren eine Rolle. So sollte etwa eine Firma in der Stadt leicht höhere Löhne bezahlen als eine auf dem Land.
Hingegen kann eine beliebte Marke bei den Löhnen tiefer ansetzen als die Konkurrenz, weil Bewerbende für diese bestimmte Firma arbeiten wollen. Wenn ein KMU weiss, dass zeitnah viele Aufträge reinkommen, sollte es wiederum höhere Löhne bezahlen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich Bewerberinnen für eine andere Firma entscheiden oder Mitarbeiter gar kündigen. Nebst der Funktionsgerechtigkeit (vergleichbarer Lohn für vergleichbare Arbeit) gilt es immer auch die individuelle Lohngerechtigkeit zu beachten. Forrer erklärt: «Wenn eine Malerin eines KMU etwa besonders gut mit schwierigen Kunden umgehen kann oder wenn sich ein Gipser mit seinem Unternehmen identifiziert, dann ist es legitim, diesen Angestellten mehr Geld zu bezahlen.»
Lohntransparenz ist sinnvoll – aber nicht immer
Die Löhne in der Schweiz sind nicht nur hoch, sondern sie sind auch weitgehend ein Tabu-Thema. Wie sinnvoll wäre hier eine Lohntransparenz? Laut dem Experten sei eine Lohntransparenz für ein KMU nicht hilfreich – vor allem dann nicht, wenn es keine interne Salärhygiene gibt. Forrer unterscheidet zudem zwischen der zwei Arten von Lohntransparenz.
Zum einen gibt es die prozessuale Lohntransparenz, hier zeigt der Arbeitgeber auf, wie die Löhne zustande kommen. Dies könnte für KMU hilfreich sein. Zu diesem Schluss kommt auch eine Studie der Uni Luzern: Demnach sei es für den Erfolg einer Firma von zentraler Bedeutung, wenn sie offenlegt, wie die Löhne festgelegt werden. Nicht zwingend nötig ist gemäss der Studie eine distributive Lohntransparenz. Hierbei legt das Unternehmen die effektiven Löhne aller Mitarbeitenden offen.