Bis zu 47 Minuten schneller ist die Reise mit der neuen Bahn, die vor der spektakulären Kulisse der Eigernordwand vorbei schwebt. Pro Stunde vermag die Seilbahn bis zu 2200 Personen zu transportieren. 44 Gondeln zu 26 Plätzen mit Sitzheizung, WLAN und Panoramafenstern stehen im Einsatz.
Der Eiger Express ist das Herzstück eines 470 Millionen Franken schweren Ausbauprojekts der Jungfraubahnen. Neben der neuen Bahn wurde auch die alte Männlichenbahn ersetzt. In Grindelwald Grund entstand ein grosses Parkhaus und ein neues, gemeinsames Terminal von Eiger Express und Männlichenbahn.
Auch für die Berner Oberlandbahn wurde im Terminal eine neue Haltestelle gebaut. So wird das Unterland im Halbstundentakt mit der Ski- und Ausflugsregion Kleine Scheidegg/Jungfraujoch und Männlichen. verbunden.
Jungfraubahnen-CEO Urs Kessler sprach immer wieder von einem «Generationenprojekt», das dem ganzen Tal und darüber hinaus wirtschaftliche Impulse verleihen werde.
Doch aktuell dämpft die Coronapandemie den Start des Eiger Express. Kessler ist dennoch zuversichtlich. Die Coronazeiten seien irgendwann vorbei und dann werde der Tourismus einen grossen Aufschwung erleben, sagte der Jungfraubahnenchef im Interview mit «20 Minuten». Die Menschen hätten ein grosses Bedürfnis zu reisen, nachdem sie so lange eingeschränkt gewesen seien.
Im neuen Terminal im Talboden von Grindelwald wähnt man sich eher in einem Flughafen als in einer Bergbahnstation. Geschäfte mit Edelmarken und Souvenirs säumen die Halle. Die Einrichtung ist alpin-elegant und funktional. Auch eine VIP-Lounge samt eigener Gondel für zahlungskräftige Kunden gibt es.
Mit dem neuen Eiger Express können die Touristen rascher aufs Jungfraujoch transportiert werden. Anders als bisher liegt es für die zumeist asiatischen Gäste nun drin, nach dem Besuch des Jungfraujochs noch andere Sehenswürdigkeiten abzuklappern.
Seit die Pläne für das Grossprojekt bekannt sind, wurden auch im Tal immer wieder Befürchtungen laut, Kessler setze mit seiner Strategie zu stark auf Massentourismus statt auf Qualität.
Mit der Coronapandemie dürften die Zweifler an der Wachstumsstrategie der Jungfraubahnen nicht weniger geworden sein.
Für die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz etwa ist der Eiger Express kein zukunftsweisendes Bauwerk, sondern «Zeichen einer aus der Zeit gefallenen Tourismusstrategie», wie die Organisation in einer Mitteilung schreibt.
Auch im Tal selber sorgte der Eiger Express für bisweilen hemdsärmlige Debatten. An einer denkwürdigen Gemeindeversammlung im Jahr 2016 stellten sich schliesslich 70 Prozent hinter das Grossprojekt. Die Jungfraubahnen sind der finanziell potenteste und grösste Arbeitgeber der Region. Im Tal verdient fast jeder direkt oder indirekt am Tourismus.
Das Jungfraujoch ist seit Jahrzehnten das wichtigste Standbein der Jungfraubahnen. Rund eine Million Besucherinnen und Besucher reisen pro Jahr in die Gletscherwelt auf 3457 Metern über Meer. Vorwiegend bei asiatischen Touristen gehört ein Besuch auf dem «Joch» zu einer Schweiz Reise dazu.
Das Gebiet unterhalb des Jungfraujochs, also um die Kleine Scheidegg und den Männlichen ist im Sommer ein Wander- und im Winter ein Skigebiet.
Bis anhin erschlossen Zahnradbahnen von Grindelwald und Wengen her das Jungfraujoch. Sie bleiben weiter bestehen und sollen den Gästen ein Flair gemütlichen Reisens vermitteln. Der Eiger Express führt vom Talboden zur Station Eigergletscher hoch. Dort steigen Reisende in die Zahnradbahn Richtung Jungfraujoch um.
(SDA)