Die Überraschung war gross, als das Bundesamt für Statistik die neusten Tourismus-Zahlen präsentierte. Denn sie sind trotz Frankenschock bestens. Die Zahl der Logiernächte in Schweizer Hotels nahm im Februar zu – um satte sechs Prozent im Vergleich zu 2014. Zuvor malten Experten schwarz. Hotelleriesuisse etwa präsentierte einen umfassenden «Massnahmenkatalog nach der Aufhebung des Euromindestkurses» und stellte Forderungen an die Politik.
Diese zeigt sich aufgrund der neuen Zahlen skeptisch. «Das Jammern gehört in der Tourismus-Branche genauso zum guten Ton wie bei den Bauernfunktionären», sagt SP-Wirtschaftspolitikerin Anita Fetz. Nach dem Nationalbank-Entscheid sei es «besonders laut und dramatisch gewesen», so die Stadtbasler Ständerätin.
Die Zunahme der Übernachtungen zeige aber, dass es dem Tourismus nicht so schlecht gehe, «wie die Branche gerne klagt». Sie seien zudem ein klares Zeichen gegen «ungezielte Giesskannen-Subventionen, die nur einen nötigen Strukturwandel behindern». Für Fetz ist klar: «Wir müssen dieses System stoppen.»
Sie ist nicht die Erste, die sich dagegen wehrt. 2004 wollte der damalige SVP-Bundesrat Christoph Blocher die Zahlungen an Schweiz Tourismus von 200 Millionen Franken auf einen symbolischen Franken kürzen. Mit dem Antrag blieb er in der Regierung zwar chancenlos, sorgte aber für heftigen Aufruhr.
Aktuell soll der Branchenverband gemäss Bundesrat rund 220 Millionen Franken für die Periode von 2016 bis 2019 erhalten.
Doch Schweiz Tourismus will 50 Millionen mehr – auch wegen des Frankenschocks. Damit wolle man sicherstellen, dass es «im alpinen Raum weiterhin eine solide Branche gibt, die Arbeitsplätze bietet», erklärte Direktor Jürg Schmid in «10 vor 10».
Gleichzeitig wehrte er sich gegen den Vorwurf, dass die Branche schwarz male. Gerade europäische Gäste seien sehr preissensitiv.
Keine Entwarnung geben mochten auch die bürgerlichen Nationalräte Hans Grunder (BDP) und Adrian Amstutz (SVP), die für eine Entlastung der Branche plädieren. Wie viel Geld die Branche erhält, diskutiert die Wirtschaftskommission des Nationalrats bereits Mitte Mai.
Ständerätin Anita Fetz sieht derweil eine Alternative: Eine staatlich geförderte Online-Plattform, auf welcher alle Anbieter frei von Provisionen inserieren können. «Das käme allen Akteuren zugute und wäre billiger», so die SP-Frau. Erste Rückmeldungen von Hoteliers seien positiv.
Urs Wagenseil (52), Tourismus-Experte Hochschule Luzern
«Nachbarländer setzen Schweiz unter Druck»Schweiz Tourismus will vom Bund 270 Millionen Franken. Sind diese Subventionen überhaupt nötig?
Geld für Schweiz Tourismus respektive für zentralisiertes Marketing braucht es definitiv. Der Tourismus ist in der Schweiz ein flächendeckender Wirtschaftsbereich. Vor allem in Berggebieten ist es aus Mangel an Alternativen zwingend, dass der Tourismus läuft. Forderungen, den Beitrag des Bundes ganz zu streichen, sind unsachlich.
Angenommen, der Hahn würde zugedreht – wäre dies das Todesurteil für den Schweizer Tourismus?
Der globale Wettbewerb nimmt stetig zu. Man muss einerseits den Schweizer überzeugen, in der Schweiz zu bleiben und andererseits die Ausländer dazu animieren, ihre Ferien hier zu verbringen. Wer Ferien machen will, braucht die Schweiz nicht – die Schweiz braucht aber den Tourismus. Mittel- bis langfristig würde die Streichung der Bundesgelder auf Kosten von sehr vielen Betrieben und Arbeitsplätzen gehen. Kein cleverer Entscheid.
Greift der Staat dem Tourismus auch in anderen Ländern unter die Arme?
Das ist eine gängige Praktik, sowohl in unseren Nachbarländern als auch in Neuseeland, Thailand oder sonst wo. Gerade unsere Nachbarn werden ihre Werbung hier jetzt wohl verstärken, weil die Schweizer zurzeit ein äusserst lukratives Publikum sind. Diese Präsenz setzt den Schweizer Tourismus zusätzlich unter Druck. lex
Urs Wagenseil (52), Tourismus-Experte Hochschule Luzern
«Nachbarländer setzen Schweiz unter Druck»Schweiz Tourismus will vom Bund 270 Millionen Franken. Sind diese Subventionen überhaupt nötig?
Geld für Schweiz Tourismus respektive für zentralisiertes Marketing braucht es definitiv. Der Tourismus ist in der Schweiz ein flächendeckender Wirtschaftsbereich. Vor allem in Berggebieten ist es aus Mangel an Alternativen zwingend, dass der Tourismus läuft. Forderungen, den Beitrag des Bundes ganz zu streichen, sind unsachlich.
Angenommen, der Hahn würde zugedreht – wäre dies das Todesurteil für den Schweizer Tourismus?
Der globale Wettbewerb nimmt stetig zu. Man muss einerseits den Schweizer überzeugen, in der Schweiz zu bleiben und andererseits die Ausländer dazu animieren, ihre Ferien hier zu verbringen. Wer Ferien machen will, braucht die Schweiz nicht – die Schweiz braucht aber den Tourismus. Mittel- bis langfristig würde die Streichung der Bundesgelder auf Kosten von sehr vielen Betrieben und Arbeitsplätzen gehen. Kein cleverer Entscheid.
Greift der Staat dem Tourismus auch in anderen Ländern unter die Arme?
Das ist eine gängige Praktik, sowohl in unseren Nachbarländern als auch in Neuseeland, Thailand oder sonst wo. Gerade unsere Nachbarn werden ihre Werbung hier jetzt wohl verstärken, weil die Schweizer zurzeit ein äusserst lukratives Publikum sind. Diese Präsenz setzt den Schweizer Tourismus zusätzlich unter Druck. lex