Toilettenreiniger Fehmi Racipi (52) sorgt für saubere Geschäfte an den Autobahnen
«Rastplätze sind eine Visitenkarte für die Schweiz»

Er war diplomierter Automechaniker, jetzt sorgt Fehmi Racipi (52) jeden Tag für saubere Toiletten auf Autobahnrastplätzen. Er macht seinen neuen Job mit viel Herzblut. Eklige Situationen steckt er locker weg.
Publiziert: 21.02.2018 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:09 Uhr
Der WC-Putzer auf der Autobahnraststätte
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Putzmann Fehmi hält Autobahn-WCs sauber:«Man gewöhnt sich an das Eklige»
Beat Michel

Als die Sonne aufgeht, ist Fehmi Racipi (52) mit seinem Opel-Kastenwagen unterwegs zur Autobahnraststätte. Das Auto ist von vorne bis hinten mit professionellen Putzutensilien bestückt. Mit einem klassischen WC-Bürstli käme der Reinigungsmitarbeiter nicht weit bei seiner Arbeit. Er putzt die öffentlichen Toiletten auf den Rastplätzen der Autobahnen im Kanton Aargau rund um den Werkhof Schafisheim.

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«Im Schnitt habe ich für einen Rastplatz etwa eine Stunde zur Verfügung.» Fehmi Racipi (52)
Foto: Anja Wurm

Bevor die Sonne aufgegangen ist, darf die Reinigung des Rastplatzes nicht beginnen. Diese Regel ist eine von vielen strengen Vorgaben, die er einhalten muss. «Ohne Tageslicht sieht man nicht gut, ob alles sauber ist», sagt Racipi, ursprünglich diplomierter Automechaniker. Die Toilettenanlage und ihre Umgebung sollen sauber sein – ein fast unerreichbarer Anspruch.

Manchmal herrscht schon nach 10 Minuten das Chaos

Heute reinigt der vierfache Vater und dreifache Grossvater die Toiletten der Raststätte Kölliken AG. Er verschnürt gerade einen 110-Liter-Kehrichtsack, der zum Bersten voll ist. «Ich habe den bereits gestern Abend geleert, und am Morgen ist er schon wieder voll», sagt er. «Ein Rastplatz kann blitzblank geputzt sein, und bereits 10 Minuten später herrscht wieder das Chaos.» Vor allem bei schönem Wetter oder während des Reiseverkehrs in den Sommerferien sei das besonders schlimm.

Eine Stunde pro Rastplatz

Racipi arbeitet schnell und konzentriert. «Im Schnitt habe ich für einen Rastplatz etwa eine Stunde zur Verfügung. Manchmal mehr, manchmal weniger», sagt Racipi. In den Toiletten reinigt er alles: die Wände, den Boden, die Toilette, das Waschbecken. Für jede Fläche hat er ein eigenes Putzmittel. Jeder Handgriff sitzt. Ein frisches Graffiti an der Wand verschwindet mit einem Wisch. «Die Wände sind so beschichtet, dass alles ganz leicht abgeht», sagt der Putzmann. Für das ganz hartnäckige Gekritzel hat er ein weiteres Spezialwässerchen.

4000 bis 5000 pro Monat

Als Reinigungsangestellter arbeitet Racipi seit letztem Dezember. Dabei ist er jeden Tag mit Toiletten konfrontiert, die zum Teil in ekligem Zustand sind. Seiner erfrischenden Begeisterung für den Job tut das keinen Abbruch: «Mir gefällt am besten die Selbständigkeit. Ich bin allein unterwegs und entscheide selber, was ich wann erledige. Ich muss einfach die Leistung bringen. Ich bin top ausgerüstet. Ich habe zudem viel Abwechslung. Jeder Tag bringt neue Aufgaben zum Lösen.» Racipi und seine Gilde verdienen je nach Ausbildung und Erfahrung zwischen 4000 und 5000 Franken im Monat.

Der Quereinstieg in den Job sei nicht einfach gewesen: «Früher stresste es mich, wenn eine Toilette total verstopft war. Mittlerweile bringt mich das nicht mehr aus der Ruhe. Es ist ja schliesslich auch nicht immer schönes Wetter.»

Abfall verstopft den Abfluss

Wenn sich eine Verstopfung im stillen Örtchen nicht auflösen lässt, steigt Racipi durch eine Klappe in den Raum unter den Toiletten: «Da sind die Siphons der Toiletten. Sie sind gut zugänglich, und man kann sie  leicht öffnen und putzen.» In den Röhren sorgt vor allem Abfall für Probleme. «Ich habe von Pet-Flaschen über Windeln bis zu Stofftieren schon alles gefunden. Obwohl draussen überall Abfalleimer stehen.»

«Ein Rastplatz soll repräsentativ sein»

Kontrolliert wird die Arbeit durch den Auftraggeber persönlich. Halil Yildiz (48) ist Chef der Nationalstrassen Nordwestschweiz AG (NSNW) am Standort Schafisheim AG. «Ein Rastplatz soll jederzeit repräsentativ sein», sagt er. Er könne bei einer Reklamation auf dem Computer nachschauen, wer wann und wie lange geputzt habe.

«Rastplätze sind wie eine Visitenkarte für die Schweiz»

Mit dem Image des WC-Putzers hat Racipi kein Problem. «Meine Familie muss meinen Job respektieren. Was andere denken, ist egal», sagt der Familienvater. «Ich bin wirklich mit dem Job zufrieden. Die Leute schätzen meine Arbeit. Erst kürzlich hat mir jemand spontan 10 Franken Trinkgeld gegeben. Rastplätze sind eine Visitenkarte für die Schweiz.» 

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