Laut Gesetz gehören Charles III. alle Delfine, Wale, Störe oder auch unmarkierten Schwäne in den Gewässern des Vereinigten Königreichs. Was ein wenig wie ein anachronistisches Überbleibsel klingt, dient durchaus als Symbol. Denn der Besitz des britischen Monarchen ist – auf dem Papier – kaum zu ermessen. Dass die königliche Familie auch «The Firm» (die Firma) genannt wird, ist angesichts ihrer zahlreichen Beteiligungen und Besitztümer passend.
Palast und Regierung sprechen nicht über das Vermögen. Der royale Reichtum sei «für Aussenstehende nicht transparent oder teuflisch kompliziert», kritisierte die Zeitung «Sunday Times» kurz nach Charles' Amtsantritt.
Der neue König kommt auf zwei Milliarden Franken
Für Aufsehen sorgte daher jüngst eine Recherche der Zeitung «Guardian». Ergebnis: Charles III. besitzt rund 1,8 Milliarden Pfund (rund zwei Milliarden Franken). «Ein Grossteil des Privatvermögens des Königs stammt aus seiner öffentlichen Rolle und der seiner Familie als ‹working Royals›», schrieb das Blatt. Der Palast nannte die Summe eine «höchst kreative Mischung aus Spekulationen, Annahmen und Ungenauigkeiten», machte selbst aber keine Angaben.
Bekannt ist, dass das Vermögen auf mehreren Pfeilern basiert. Zum Privatbesitz zählen wertvolle Pferde und historische Fahrzeuge ebenso wie die grösste Briefmarkensammlung der Welt oder Meisterwerke. Dazu kommen Aktien. Ein gewaltiger Teil des Vermögens besteht aus Juwelen, die vor allem Charles' Urgrossmutter Queen Mary gesammelt hatte und die der König von seiner Mutter, Queen Elizabeth II., geerbt hat.
Zwar gehören die berühmtesten Residenzen wie der Buckingham-Palast und Schloss Windsor nicht Charles selbst. Dafür aber zwei andere bekannte Anwesen mit grossem Grundbesitz: Balmoral in Schottland, wo die Queen am 8. September 2022 starb, und Sandringham in Ostengland.
Der royale Immobilienbesitz
Die grösste «Cash cow» aber, die jährlich rund 20 Millionen Pfund abwirft, ist das Duchy of Lancaster (Herzogtum Lancaster), seit Jahrhunderten persönliches Eigentum des Monarchen. Der gewaltige Immobilien- und Landbesitz umfasst einige der bekanntesten Adressen in London sowie Grundstücke in England und Wales. Wiederholt wurde gefordert, das Duchy solle an den Staat fallen. Doch geeinigt hat man sich nur darauf, dass der Monarch das Land nicht verkaufen darf. Die Konten wiesen zuletzt 653 Millionen Pfund aus.
Zugute kommt Charles auch, dass für ihn keine Erbschaftsteuer gilt. Seine Mutter hatte einst zwar einer freiwilligen Zahlung zugestimmt. Eine Vereinbarung von 2013 aber sieht vor, dass der Monarch keine Abgaben auf Vermögenswerte zahlen muss, die von der Queen gehalten wurden. Dazu zählen die offiziellen Residenzen, die königlichen Archive sowie die Gemäldesammlung und ähnliche Schätze.
Die Zeitung «Sunday Times» schätzte das Gesamtvermögen der Royals im September 2022 auf insgesamt 20 Milliarden Pfund und bemerkte halb verblüfft, halb anerkennend, das sei mehr als der Börsenwert des führenden Einzelhandelsunternehmens Tesco.
Klotzen, nicht kleckern
Dabei bezieht die «Times» auch den Kronbesitz Crown Estate – dazu später mehr – und das Duchy of Cornwall ein. Dieses Herzogtum steht traditionell dem Thronfolger zu, also Prinz William. Mit dem Amtsantritt von Charles III. sei der 40-Jährige auf einen Schlag zum Milliardär geworden, vermutet die «Sunday Times». Denn das Duchy besitzt ebenfalls zahlreiche Immobilien, davon viele in London wie das Cricket-Stadion The Oval.
Angesichts des Reichtums der Royals und steigender Armut im Land infolge hoher Inflation werden nun wieder Forderungen laut, der König solle seine Krönung selbst bezahlen. Kritik blockt die konservative Regierung ab. Der «wunderbare Moment in unserer Geschichte» dürfe nicht von «mürrischen Knausern» madig gemacht werden, sagte Oliver Dowden, im Kabinett als «Kanzler des Herzogtums Lancaster» für royale Belange zuständig. Der König habe eine «ordentliche Krönung» verdient. Befürworter weisen stets auf den Wert der Monarchie als «Soft Power» hin, wegen der Millionen Touristen ins Land reisen.
Für die Krönung wie auch für den Unterhalt der Royals und den Erhalt ihrer Ländereien muss Charles sein Vermögen also nicht belasten. Dafür erhält der König Geld von der öffentlichen Hand. Die Höhe berechnet sich nach den Einnahmen des Liegenschaftsverwalters Crown Estate.
Blasen Windparks den Royals bald Millionen aufs Konto?
Der Deal geht so: Im Gegenzug dafür, dass das Königshaus im 18. Jahrhundert das Krongut an den Staat abtrat, erhält es seither eine Jahreszahlung – den sogenannten Sovereign Grant. Derzeit beträgt der Anteil 25 Prozent, das ergab zuletzt 86,3 Millionen Pfund. Eine Klausel besagt zudem, dass die Summe nicht sinken darf. Auch wenn der Gewinn des Crown Estate im laufenden Geschäftsjahr zurückgeht, erhalten die Royals erneut 86,3 Millionen Pfund. Allerdings verschont die Inflation auch Könige nicht: Im Vergleich zu 2021 ist der reale Wert des Sovereign Grant um 12,3 Millionen Pfund gesunken.
Künftig könnte die Krone deutlich mehr Geld zur Verfügung haben. Zum Crown Estate zählen nämlich nicht nur mehr als 240 Gebäude in London sowie Einkaufszentren in anderen Städten und grosse Ländereien, sondern auch der Meeresgrund in der britischen Zwölf-Meilen-Zone.
Dank eines Deals, bei dem Unternehmen sich gegen Optionsgebühren Flächen für den Bau von Offshore-Windparks sicherten, darf Grossbritannien mit Einnahmen von einer Milliarde Pfund rechnen. Die Krone erhielte davon also 250 Millionen. Charles schloss aber eine Erhöhung des Sovereign Grant umgehend aus. (SDA/smt)