So ziehen Wirte und Metzger ihre Kunden über den Tisch
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Pangasius statt Seezunge:So ziehen Wirte und Metzger ihre Kunden über den Tisch

Tiefkühlpangasius statt frischer Seezunge
So ziehen Wirte und Metzger ihre Kunden über den Tisch

Was Gästen in Schweizer Restaurants zum Teil zugemutet wird, zeigt eine Analyse von Kontrollen. Nicht nur spotten die hygienischen Verhältnisse jeder Beschreibung, auch bei der Deklaration von Fisch oder Fleisch wird betrogen. Ein gutes Geschäft.
Publiziert: 24.02.2020 um 12:51 Uhr
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Wo Seezunge auf der Speisekarte steht, kann ...
Foto: Getty Images

Billiger Tielfkühlpangasius statt edler Seezunge, Ziege und Schaf statt Gams im Wildpfeffer, billiges Importfleisch statt Fleisch aus Schweizer Produktion. Auf Schweizer Speisekarten und in Metzgereien wird beliebig getrickst, die Kunden getäuscht.

Das zeigen Recherchen der Zeitungen des Verlags Tamedia. Ausgewertet wurden über Hunderte Strafbefehle gegen fehlbare Gastwirte und Metzger. Diese zeigen einerseits, wie schmutzig und unhygienisch es in vielen Restaurantküchen zu und eher geht. Und andererseits, wie die Wirte ihre Kunden bei Fisch und Fleisch über den Tisch ziehen.

Die Liste der Tricksereien ist lang und unappetitlich. Beginnt harmlos mit angeblich hausgemachter Cocktailsauce, die allerdings fixfertig aus der Industrie kommt. Kritisch wirds beim Fisch: Bei 751 Fischproben stiessen die Lebensmittelinspektoren auf 44 falsche Kennzeichnungen. Das heisst bei der Fischart wurde geschummelt.

Boomendes Geschäft

Zum Beispiel tischte ein Nobel-Restaurant den Gästen tiefgekühlten Pangasius auf, anstatt der auf der Speisekarte versprochenen Seezungenfilets. Pangasius kostet im Einkauf einen Bruchteil der Seezunge, die zusätzliche Marge für den Wirt ist also beträchtlich. Zumal die Bussen für erwischte Übeltäter meist gering sind.

«Professioneller Lebensmittelbetrug ist ein neuer Zweig, der wächst», sagt der Luzerner Kantonschemiker Silvio Arpagaus zu Tamedia. Und fügt an: «Das ist zum Teil international organisiert. Das Strafmass ist nicht allzu hoch, und die Margen sind üppig.»

Nicht nur bei Fisch, sondern vor allem beim Fleisch wird getäuscht und getrickst: «Schweizer Fleisch» auf der Speisekarte kommt immer wieder aus Argentinien, Brasilien oder Ungarn. Das Problem: Das billigere Fleisch ist oft mit Hormonen belastet, stammt aus Tierfabriken, für die Tierschutz ein Fremdwort ist.

Heikles Schweinefleisch

Noch problematischer wird es, wenn Fleischsorten gemischt oder falsch deklariert werden. Das ist auch aus religiösen Gründen heikel, dann zum Beispiel wenn in Kebab-Spiessen plötzlich Schweinefleisch drin steckt. Schweinefleisch gilt im Islam oder im Judentum als unrein.

Nicht nur Wirte auch Metzger ziehen ihre Kunden gerne über den Tisch. Besonders beliebt: Wild. Ein Urteil aus der Ostschweiz zeigt das Ausmass der Tricksereien. In einem Beutel Gamspfeffer war nicht mal ein Drittel des Fleischs von der Gams. Im Pfeffer hatte es auch Schaf, Ziege und Hirsch. Alles verdeckt von der gebeizten Sauce, die zu jedem Wildpfeffer gehört.

Das Lebensmittelrecht sieht Bussen bis zu 40'000 Franken vor. Doch oft liegen die Bussen bei wenigen tausend Franken. Ein Anreiz für fehlbare Beizer und Metzger weiterzumachen. Die Gefahr, dass alles auffliegt, ist gering, die Margen viel zu hoch. (koh)

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