Herr Minder, vier Jahre nach Annahme Ihrer Initiative diskutiert man jetzt wieder kontrovers über Managerlöhne. Bei der Credit Suisse wurden sie durchgewinkt…
Thomas Minder: Wir diskutieren schon ewig über die Löhne. Neu ist für mich etwas anderes: Für Altlasten und vorsätzliche Vergehen fühlt sich nie jemand verantwortlich. Es ist zwar dieselbe Bank mit denselben Verlusten. So deutlich wie Urs Rohner am Freitag bei der Credit-Suisse-Generalversammlung hat das aber noch nie jemand gesagt.
Wie meinen Sie das?
Ich gehe ja oft an Generalversammlungen. Bei der Swissair, bei der UBS, bei OC Oerlikon – immer ist es dasselbe: Alles glänzt, alles ist gut. Man präsentiert lieber ein gutes Quartal aus dem laufenden Jahr, statt auf das letzte Geschäftsjahr einzugehen. Dass es gerade nicht so läuft, dafür sind immer die anderen verantwortlich. Die Währung, der Markt, die Geopolitik, die Regulatorien, sogar der Konsument. Man selbst hat nie etwas falsch gemacht. Doch am Schluss tschäderets – und den Schaden trägt der Eigner oder sogar die Gesellschaft.
Der Credit-Suisse-Vergütungsbericht wurde angenommen. Bereuen Sie, in Ihre Initiative keine Höchstlöhne eingebaut zu haben?
Nein, das wollte ich nie! Ich wollte nicht beschränken und mit dem Staat einfahren. Ich würde aber etwas anderes ändern, wenn ich könnte.
Das wäre?
Ich würde einen zusätzlichen Passus einbauen: Der Verwaltungsrat haftet mit seinem Privatvermögen, wenn der Staat einer Bank zu Hilfe eilen muss. Oder wenn eine rechtskräftige Behörde eine Busse ausspricht. So könnten sich Verwaltungsräte nicht aus der Verantwortlichkeit stehlen, wie man das bei der CS jetzt wieder sieht.
Das würde auch gelten, wenn die USA der CS eine Busse von 2,5 Milliarden Franken aufbrummen, wie im Dezember?
Ja klar! Jede rechtskräftige Behörde. Auch wenn die Finma eine Busse ausspricht. Sei es wegen Libor- oder Devisenmanipulationen. Oder wenn der Staat Milliarden bezahlt, wie bei der UBS – dann hätte halt Marcel Ospel zahlen müssen. Auch wenn das nicht oft vorkommt: Es würde die Verwaltungsräte zwingen, endlich Verantwortung zu übernehmen. Wie es übrigens im Obligationenrecht vorgesehen ist.
Ihre Initiative hatte bereits Busse und Gefängnis vorgesehen ...
Ja, dafür wurde ich von den Bürgerlichen massiv angegriffen. Wenn der Verwaltungsrat willentlich und wissentlich eine kriminelle Handlung begeht, sollte er dafür geradestehen. Heute würde ich noch weiter gehen. Das ist die Konsequenz von Urs Rohner.
Planen Sie jetzt einen weiteren politischen Vorstoss?
Vorerst nicht. Ich bin Realist genug, um zu sehen, dass dies wohl wenig Chancen hätte. Doch bei der Umsetzung unserer Initiative gibt es noch Schlupflöcher. Die wollen wir im Parlament jetzt stopfen.
Welche sind das?
Zum Beispiel haben wir am Freitag bei der CS im Voraus über leistungsabhängige Löhne abgestimmt. Im Voraus, bindend! Das geht doch logisch gar nicht auf. Die Leistung kann man immer erst hinterher beurteilen. Doch es hat viele schlaue Leute im Parlament. Ich bin sicher, dass wir das hinkriegen.