Temporär-Jobs bei staatsnahen Betrieben
Auch die Post spielt auf Zeit

Die SBB sind nicht der einzige Staatsbetrieb, der zunehmend Temporäre beschäftigt. Auch für die Post arbeiten Jahr für Jahr mehr Zeitarbeiter, ebenso für die Suva. Die Gewerkschaften sehen darin eine Auslagerung von Risiken auf Kosten der Beschäftigten.
Publiziert: 01.04.2019 um 23:44 Uhr
1/10
Besonders in Paketpostverteilzentren wie hier in Härkingen SO ist die Post auf Temporärangestellte angewiesen.
Foto: Keystone
Claudia Gnehm
Claudia GnehmStellvertretende Wirtschaftschefin

Ein steter Ausbau der Temporärjobs macht bei staatsnahen Betrieben Schule. Die Post erhöhte die Anzahl Temporärangestellter der Bereiche Briefe und Pakete in den letzten drei Jahren um 34 Prozent auf 988. Dies ist gemäss Post-Sprecherin Nathalie Dérobert Fellay auf Vollzeitstellen gerechnet.

Die Gewerkschaft Syndicom verfolgt die Zunahme der Temporärkräfte beim gelben Riesen mit Sorge. «Aus unserer Sicht wird damit ein Teil des Unternehmensrisikos auf die Mitarbeiter abgewälzt – Flexibilisierung auf deren Kosten», sagt Syndicom-Sprecher Christian Capacoel auf Anfrage.

Leben mit ständiger Unsicherheit

BLICK berichtete bereits über die eklatante Zunahme von Temporärangestellten bei den SBB. Reinigungsangestellte etwa, die im Stundenlohn und auf Abruf arbeiten. Seit Jahren. Sie müssen zudem kurze Kündigungsfristen hinnehmen und auf Sozialleistungen verzichten. Besonders krass: SBB-Mitarbeiter, die bereits seit 16 Jahren ohne Fixum für die Bahn schuften.

Die Post-Sprecherin betont, dass ihre Temporären dem Gesamtarbeitsvertag (GAV) der Post unterstellt seien und maximal für ein Jahr eingesetzt werden könnten. Zudem regle der Post-GAV, dass betreffend Arbeitszeit und Lohn die Bestimmungen auch für Temporäre gälten. 

Der Syndicom-Sprecher wendet ein: Obwohl die Temporärarbeiter der Post im Gegensatz zu jenen der SBB vom Firmen-GAV profitieren, lebten sie mit einer ständigen Unsicherheit. Oft hätten sie Lücken in der Vorsorge und eine schlechtere Lohnentwicklung.

Temporäre als Normalität

Ein weiterer Trend, der den Gewerkschaften zu denken gibt: Temporärangestellte dienen nicht mehr nur dazu, Nachfragespitzen wie etwa zu Weihnachten zu brechen. «Wir wissen, dass der Anteil der Temporärmitarbeitenden der Post stetig übers ganze Jahr zunimmt», so Capacoel weiter.

Auch beim staatsnahen Unfallversicherer Suva stieg der Anteil der auf Zeit Angestellten in den letzten vier Jahren und lag per Ende 2018 bei 11,3 Prozent (Ende 2013: 10,1 Prozent). Der Rüstungskonzern Ruag wiederum gibt an, die Anzahl Temporärangestellter sei stabil. Swisscom verzeichnete die letzten drei Jahre ein leichtes Minus von 0,6 Prozent bei den Temporärkräften.

Gesamtschweizerische Zunahme

In der ganzen Schweiz hatten 2017 total 364'941 einen Zeitarbeitsvertrag. Sie teilen sich 90'408 temporäre Vollzeitanstellungen. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 15 Prozent. Letztes Jahr nahm die Zahl der temporär geleisteten Arbeitsstunden um 8,4 Prozent zu, wie der Verband der Temporärbranche Swissstaffing auf Anfrage sagt. 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.