Escher hat versagt. So hiess die Schweizer Kapsel, die im Sommer durch eine Vakuum-Röhre in Los Angeles geschickt wurde. Als Würdigung des Schweizer Mobilitätspioniers Alfred Escher.
Mit einer Geschwindigkeit von 400 km/h sollte die Kapsel den Hochgeschwindigkeitswettbewerb für sich entscheiden. Der Studentenverein «Swissloop» wollte damit Tesla-Gründer Elon Musk (46) begeistern.
Musk hatte den Wettbewerb ausgerichtet, um so die besten Ideen für die Zukunft der Fortbewegung zu sammeln. Doch die Escher-Batterie entlud sich zu schnell und musste ausgewechselt werden. Und dann brachte es die Kapsel gerade einmal auf 40 km/h.
«Die Enttäuschung war gross»
Ein ziemlicher Dämpfer nach einer grossen Euphorie. Hatten doch die Escher-Entwickler von «Swissloop» selbstsicher die Vision verbreitet, in Zukunft könne man in nur einer Viertelstunde von Zürich nach Genf brausen. Gegen 1200 Mitbewerber hatten sich die Studis durchgesetzt. Im Finale wurden sie abgehängt.
«Die Enttäuschung war schon erst mal gross», erinnert sich Luca di Tizio (24), der damals mit anderen Studienkollegen zum Wettbewerb nach L.A. gereist war. BLICK trifft den Maschinenbau-Studenten in einem spartanisch eingerichteten Sitzungszimmer in einem Gebäude der ETH Zürich.
Auf Whiteboards sind Wörter, Zahlen, Fragezeichen gekritzelt. An den Wänden kleben orangene und gelbe Zettel, auf denen Wörter wie «Abstand» oder «Bremsen» stehen. Ebenso zwei Seiten Papier mit dem Titel: «Fehler, die nicht wiederholt werden dürfen.»
Neue Kapsel soll einem Formel-1-Wagen ähneln
«Wir haben schon eine Stunde nach dem Wettbewerb analysiert, was schiefgelaufen ist», erklärt di Tizio. Kapsel? Zu schwer! Planungsphase? Zu knapp! Sensoren? Unnötig viele! «Für uns ist klar: Wir setzen neu auf Elektro-Antrieb», so di Tizio. Der sei nicht so zeitanfällig und leichter als der Kaltgasantrieb des Wettbewerbs. Das Carbon-Chassis der neuen Kapsel wird einem Formel-1-Wagen ähneln. Die Gewichtseinsparung: 100 Kilo.
Auch das Team wurde leichter. Di Tizio hat sich selbst als CEO von Swissloop abgeschafft. Er ist nur noch Vorstandsmitglied. Einen einzigen Chef gibt es nicht mehr. Stattdessen ein bezahltes Dreier-Gespann aus technischer Leitung, Sponsoring- und Marketingverantwortlichem. Das Entwicklungsteam besteht nicht mehr aus 50, sondern aus nur noch acht Studenten. Die bekommen dafür Leistungspunkte fürs Studium.
Brems-Vorrichtungen zuerst mit Lego testen
«Wir bekommen Credit-Punkte fürs Lego-Bauen», scherzt ein Mitarbeiter des Kernteams. Der Student hält ein Lego-Modell in der Hand, pumpt mit einer Mini-Pumpe Luft in Schläuche, zieht an einem Lego-Hebel. Pffffffft, Lego-Teile schieben sich übereinander. So könnte die Bremse in der neuen Kapsel funktionieren. An einem Bildschirm klickt ein Student an einem 3D-Modell herum.
Anfang November hat Swissloop die ersten Schätzungen zur Leistung der Kapsel und Design-Entwürfe an Elon Musks Firma in L.A. geschickt. Die erste Hürde ist geschafft. Bis Weihnachten muss die Kapsel dann komplett entwickelt werden, damit Swissloop 2018 wieder in L.A. an den Start gehen darf.
Vielleicht bald ein Start-up?
«Unser Ziel ist ganz klar, den Wettbewerb nächsten Sommer zu gewinnen», sagt di Tizio. Auch wenn er härter werde als letztes Jahr. Denn die niederländischen Sieger vom letzten Jahr sind wieder mit dabei. Und auch das Münchner Team, das im August mit seiner 320-Stundenkilometer-Kapsel den Schweizern davonrauschte.
Was stimmt das Schweizer Team positiv? Im Gegensatz zum letzten Jahr können sie ihre Kapsel vor dem Wettbewerb testen – und zwar ohne Zeitdruck von Februar bis Juni. Ausserdem haben sie einen Mentor in Musks Firma, manche Schweizer Sponsoren geben jetzt mehr Geld.
Und was passiert dann nach dem Wettbewerb? «Es stellt sich die Frage, ob wir in die freie Wirtschaft einsteigen wollen», sagt di Tizio. Im Verein herrscht auf jeden Fall jetzt schon Start-up-Atmosphäre.