Es ist ein analoger Einstieg in die digitale Welt: Nicolas Chicherio (32) hält im Swisscom-Shop in Rapperswil-Jona SG ein Stoff-Pokémon in die Luft. «Darum geht es heute», sagt er und lacht. Fünf Rentner hören ihm gebannt zu. Sie sind Teilnehmer des ersten Schweizer Pokémon-Kurses, extra für Senioren.
Sie wollen wissen, was es mit dieser Pokémon-Jagd auf sich hat, die in aller Munde ist. «Ich will, dass ihr den Hype versteht», sagt Kursleiter Chicherio. «Dass ihr die ersten eigenen Pokémon fängt und einen Einblick in die faszinierende Vermischung von realer und virtueller Welt bekommt.»
Junge rümpfen die Nase
Nach einer kurzen Einführung am Smartphone geht es raus auf Pokémon-Jagd. Das Rentner-Grüppli, das mit den gezückten Handys durch die Altstadt streift, fällt am Ufer des Zürichsees auf. Ein Teenager sagt zu seinem Kollegen:«Schon sehr komisch, wenn so alte Leute Pokémon spielen!» Solche faulen Sprüchen bringen die Senioren nicht aus der Ruhe, sie bekommen sie gar nicht mit. Das Jagdfieber hat sie gepackt.
Joe Neururer (76) aus Männedorf ZH ist ein Naturtalent. Schon beim ersten Versuch kann er ein Pokémon fangen. «Das ist Zufall», sagt er bescheiden. Und macht sich auf die Pirsch nach dem nächsten «Opfer».
Auch Verena von Wartburg (62) aus Stäfa ZH muss nicht lange auf ihren ersten persönlichen «Abschuss» warten. «Pokémon Go ist eine geniale Erfindung», sagt sie und strahlt. Regelmässig spielen will sie aber nicht. «Wir benutzen schon jetzt das Handy viel zu oft», sagt sie. Aber jetzt könne sie endlich mitreden. «Nur schon deshalb hat sich der Kurs gelohnt.»
10 Monster in 45 Minuten
Heimlicher Held des Tages ist Werner Stiefel (67) aus Rüti ZH. In nur 45 Minuten hat er zehn Monster gefangen. Dabei hat er erst seit einem Jahr überhaupt ein Smartphone. «Ich bin hell begeistert von Pokémon. Man spielt und bewegt sich erst noch an der frischen Luft», sagt er.
Beim Rapperswiler Pokémon-Kurs für Senioren handelt es sich um einen Pilotversuch. Ob er später ins Programm der Swisscom-Academy aufgenommen wird, die jährlich rund 18 000 Kunden des Telekomanbieters in die Geheimnisse von Handy und Internet einführt, ist noch nicht klar.