Die Surfgeschwindigkeit in den Schweizer Eisenbahnen soll künftig deutlich steigen. Die Swisscom hat in einem Test ein Höchsttempo von mehr als 1,2 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) in einen fahrenden Zug gebracht.
Dies gelang dem «Blauen Riesen» durch den Bau eines Handyantennenkorridors entlang der Bahngleise am Walensee, wie er in einem Communiqué bekannt gab. Auf der vier Kilometer langen Strecke zwischen Biberlikopf und Kerenzerberg wurden in mehr als 200 Zugsfahrten viele Tests bezüglich Mobilfunkgenerationen 4G und 5G, Sitzposition, Zugswagentyp, Sendeleistungen, Art der Zugfenster oder Smartphone-Modelle durchgeführt.
Mit 4G und der schnellen Variante von 5G kombiniert waren über 1,2 Gbit/s Downloadgeschwindigkeit im fahrenden Zug möglich, wie die Swisscom weiter mitteilte. Zudem war die Reaktionszeit von 5G mit 8 Millisekunden ganze vier Mal kürzer als bei 4G.
Um das Achtfache gestiegen
Vor dem Test habe man auf der gleichen Strecke maximal 150 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) gemessen, sagte Sprecher Armin Schädeli auf Anfrage. Allerdings sei die Strecke nicht optimal versorgt gewesen.
Damit ist die Höchstgeschwindigkeit durch den neuen Antennenkorridor auf dem Streckenabschnitt um das Achtfache gestiegen. Noch vor einem Jahr habe man nicht gewusst, ob das überhaupt möglich sei, hiess es. Denn durch den geringeren Abstand der Antennen zum Zug sei der Strahlungswinkel nicht mehr optimal.
«Nun haben wir eine Lösung für eine stabile und zuverlässige Versorgung der Passagiere und gewinnen wichtige Erkenntnisse für sicherheitsrelevante Anwendungen im Bahnverkehr», erklärte Swisscom-Netzchef Christoph Aeschlimann im Communiqué.
Die Swisscom habe die technische Machbarkeit aufgezeigt, sagte Schädeli. Nach der Auswertung der Ergebnisse wird der Testkorridor weiter optimiert und mit Messungen im ersten Quartal 2021 validiert.
Weitere Gespräche folgen
Dann würden Gespräche mit Bahnbetreibern und den Mobilfunkanbietern Salt und Sunrise folgen. Denn das langfristige Ziel sei eine lückenlose Mobilfunkabdeckung entlang der Eisenbahnhauptachsen für alle Mobilfunknutzer und -anbieter der Schweiz. Der Antennenkorridor stehe auch Salt und Sunrise offen, hiess es weiter. Das Projekt sei noch in einer frühen Phase, sagte Schädeli. Angaben zum Zeitplan könne er nicht machen.
Die Netzabdeckung im Zug war schon immer ein Problem. Denn Züge sind wegen ihrer Metallhülle Faradaykäfige, die die elektromagnetischen Strahlen abdämpfen. Erst durch den Einbau von Spezialfenstern, die Mobilfunksignale durchlassen, vor ein paar Jahren bekamen die Reisenden in den Zügen akzeptable Surfgeschwindigkeiten. Vorher tröpfelte das Internet unterwegs oft im Schneckentempo herein.
Schnelle Züge als Problem
Ein weiteres Problem für die Mobilfunkabdeckung ist das hohe Tempo der Züge, was eine schnelle Übergabe von einer Antenne zur nächsten erfordert. Zudem sind in den Zügen oft viele Leute, die alle gleichzeitig surfen. Dafür sind hohe Bandbreiten nötig. Die Menschen checken nicht nur ihre Mails, sondern streamen Videos, spielen Online-Games oder arbeiten im virtuellen Büro.
Die Handyversorgung im Zug bleibe eine Herausforderung, weil mit jeder neuen Mobilfunkgeneration viel mehr Daten übermittelt würden, erklärte die Swisscom. Kapazitätsengpässe würden sich hier besonders störend bemerkbar machen. (pbe/SDA)