Die Teppichetage des Rückversicherungsriesen Swiss Re hat beschlossen, dass im Verhaltenshandbuch der Punkt «Gender identity and expression» aufgenommen wird. Der Konzern ist dem «UN’s Standards of Conduct for Business against LGBTI discriminations» beigetreten. Und er hat sich den «Embassy status» für seine LGBT*-freundliche Arbeitsatmosphäre geholt.
So weit, so gut. Die Rücksichtnahme auf LGBT* in der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft war viel zu lange ungenügend. Der Begriff LGBT* steht für Lesbian, Gay, Bi- oder Transsexual, das Sternchen soll alle weiteren sexuellen Minderheiten miteinbeziehen, ohne dass man sie nun explizit auszuschreiben braucht.
So wenig «gendered» wie möglich
Doch jetzt hat Swiss Re Sprach-Vorschläge erlassen, die einigen ein bisschen zu weit gehen könnte. Man solle versuchen, die Pronomen Sie und Er sowie die Wörter Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Onkel und Tante zu vermeiden.
Ausser es sei klar, dass diese Ausdrücke von den Angesprochenen erwünscht seien und niemanden ausschliesse. Schliesslich seien die Wörter klar «gendered»; sprich, sie beziehen sich auf eines der klassischen Geschlechter männlich und weiblich. Das schreibt der Banken-Blog «Inside Paradeplatz».
Ebenso vermeiden sollen die gut 15’000 Swiss-Re-Angestellten rund um den Globus die Wörter Mann, Frau und Heirat im Sinne einer Verbindung zwischen Mann und Frau verwenden.
Anreiz klar
Stattdessen sollten die Angestellten versuchen, neutrale und nicht-gendernde Pronomen wie solche in der 3. Person Plural – sie, ihnen, ihr – zu verwenden.
Der Anreiz, sich für Minderheiten einzusetzen, ist für den Zürcher Milliardenkonzern klar: Um sich im globalen Wettbewerb die besten Arbeitskräfte zu angeln, reichen ein Büro am Zürichsee und ein guter Lohn nicht mehr, es braucht auch eine angenehme und fortschrittliche Arbeitsatmosphäre.
In einem ähnlichen Licht sind die längeren Vaterschaftsurlaube zu sehen, mit denen Grosskonzerne den einen (!) Tag Vaterschaftsurlaub in der Schweiz oft um ein Vielfaches überbieten (BLICK berichtete).
Auf die Frage, ob Swiss Re über das Ziel hinausgeschossen hat, schreibt Swiss-Re-Sprecher Willy-Andreas Heckmann: «Ziel der Diversity & Inclusion Sprachempfehlung ist eine Sensibilisierung; es handelt sich um eine interne Empfehlung für die schriftliche Kommunikation mit Mitarbeitenden.»
Es solle angeregt werden, dass Annahmen hinsichtlich Geschlecht oder sexueller Orientierung hinterfragt und wenn möglich eine inkludierende Sprache verwenden wird. «Von einer Weisung, einem Index oder gar Verbot kann absolut nicht die Rede sein, auch ist das Dokument nicht Teil unseres «Code of Conduct», betont Heckmann. (kst)
Anmerkung: Die Antwort von Swiss Re wurde wegen eines technischen Fehlers mehrere Stunden nach Publikation des Artikels nicht angezeigt. Ausserdem enthielt der Artikel während dieser Zeit mehrere inhaltliche Fehler. So beschäftigt Swiss Re 15'000, nicht wie ursprünglich geschrieben 10'000 Mitarbeiter.