Die Teilhaber der Stromkonzerne Axpo und Alpiq können aufatmen: Erstmals seit vielen Jahren zahlte ihnen ihre Firma im letzten Geschäftsjahr wieder eine Dividende. Bei den Aktionären der Berner BKW sorgen solche Meldungen bestenfalls für ein mitleidiges Lächeln. Sie erhalten nicht nur jedes Jahr eine Dividende, sie steigt auch noch kontinuierlich.
Der Erfolg hat einen Namen: Seit Suzanne Thoma (59) 2013 bei der BKW das Ruder übernahm, ging es aufwärts. Die ETH-Ingenieurin zeigte den serbelnden Strombaronen, wie man trotz fallender Energiepreise gutes Geld verdient.
BKW plant Elon Musks Gigafactory in Berlin
Mit dem Atomausstieg machte Thoma als Einzige Ernst – nicht weil sie eine Grüne wäre, sondern weil sich AKW nicht mehr rechnen. Also zog sie Mühleberg den Stecker. Den dreistelligen Millionenbetrag, der für die Reaktor-Sanierung nötig gewesen wäre, stockte Thoma auf 1,1 Milliarden Franken auf und ging damit auf Shoppingtour. Mehr als 130 Firmen kaufte sie in ihrer Amtszeit.
Das Resultat: Die Stromproduktion ist nicht mehr der wichtigste Pfeiler, die Sparte Dienstleistungen ist heute grösser und profitabler. Die BKW wuchs über Bern und die Schweiz hinaus, das Ingenieursgeschäft etwa ist in Deutschland führend und zog sich den Prestigeauftrag für den Bau der Tesla-Gigafactory in Berlin an Land.
Expansionskurs wird bewundert – und kritisiert
Angesichts ihrer Verdienste müssten die Berner Thoma ein Denkmal auf dem Viktoriaplatz vor dem BKW-Hauptsitz errichten. Doch ausserhalb des Kantons stiess ihr Kurs auf Widerstände.
Thoma habe die im Monopolbereich erzielten Gewinne dazu verwendet, in der Privatwirtschaft zu wildern, kritisiert etwa der Luzerner FDP-Nationalrat und Unternehmer Peter Schilliger (62). «Das ist ein Fall von Wettbewerbsverzerrung.» Er zweifelt zudem, dass die von der BKW bezahlten Übernahmepreise gerechtfertigt waren. «Thoma hinterlässt einen Tutti-Frutti-Laden, der Nachfolger wird über die Bücher gehen müssen.»
Thoma pflegte solche Kritik damit zu kontern, dass die Margen im Monopolgeschäft keineswegs überrissen seien und die Staatsbeteiligung einzig einen höheren Rechtfertigungsdruck, aber keine realen Vorteile einbringe. «Wir sind halt einfach erfolgreich», sagte sie kürzlich in einem Interview.
Sulzer-CEO räumt das Feld freiwillig
Nun wechselt Thoma in die Industrie und bezieht als Sulzer-Präsidentin eine Schlüsselposition im Imperium von Viktor Vekselberg (64). Der russische Investor hat eine lange Geschichte mit Managerstars, die mit hohen Erwartungen antraten, aber selten lieferten. Bei Thoma kann er davon ausgehen, dass seine Beteiligung in guten Händen ist. Sie setze sich «stur für das Wohlergehen des Unternehmens ein», bekennt sie.
Bei Sulzer führt die Ankündigung zu einem Knall, bevor sie antritt: Der bisherige CEO Grégoire Poux-Guillaume (51) räumt prophylaktisch den Sessel – laut «Bilanz» soll sich der Franzose davor fürchten, Thoma könnte ihm allzu genau auf die Finger schauen.