Der vom Parlament entmachtete südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol ist Ermittlern zufolge vor der Ausrufung des Kriegsrechts Anfang Dezember von mehreren Ministern vor diesem Schritt gewarnt worden, hat deren Bedenken jedoch ignoriert.
Der Bericht der Staatsanwaltschaft, den die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag einsehen konnte, bezieht sich auf ein Kabinettstreffen, dass Yoon demnach kurz vor der folgenschweren Ausrufung des Kriegsrechts am 3. Dezember einberufen hatte. Sowohl der damalige Regierungschef, als auch der Aussen- und Finanzminister rieten Yoon demnach von der Ausrufung des Kriegsrechts ab.
Der damalige Ministerpräsident Han Duck Soo warnte den Angaben zufolge vor «schweren» wirtschaftlichen Folgen und Schäden für die internationale Glaubwürdigkeit Südkoreas. Aussenminister Cho Tae Yul sagte, die Ausrufung des Kriegsrechts werde «diplomatische Auswirkungen haben und die Errungenschaften zerstören, die Südkorea in den vergangenen 70 Jahren aufgebaut hat», wie die Ermittler schilderten. Der damalige Finanzminister und derzeitige Interimspräsident Choi Sang Mok warnte demnach vor «verheerenden Auswirkungen für die Wirtschaft und Glaubwürdigkeit des Landes».
Gescheiterte Verhaftung wegen Blockade der Sicherheitskräfte
Yoon erwiderte laut Bericht, es gebe «keinen Weg zurück, die Opposition werde das Land zum Kollaps führen. «Weder die Wirtschaft noch die Diplomatie werden funktionieren», sagte er demnach. Einer bereits zuvor herausgegebenen Zusammenfassung des Berichts zufolge hatte Yoon die Armee mit der Erlaubnis ausgestattet, mit Waffengewalt in das Parlament einzudringen. Der Bericht der Staatsanwaltschaft bezieht sich auf Ermittlungen gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Kim Yong Hyun. Yoons Anwalt sagte, der Bericht stelle keinen Beweis dar.
Yoon hatte Südkorea mit der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts am 3. Dezember in eine politische Krise gestürzt. Er hatte in einem Haushaltsstreit von der Massnahme Gebrauch gemacht und damit das In- und Ausland aufgeschreckt. Das Parlament sprach sich in der Folge für eine Absetzung des Präsidenten aus, über die das Verfassungsgericht noch abschliessend entscheiden muss.
Zeitgleich laufen wegen der Ausrufung des Kriegsrechts behördliche Ermittlungen gegen den abgesetzten Staatschef. Weil Yoon wiederholt eine Befragung durch die Ermittler verweigert hatte, wurde am Dienstag Haftbefehl gegen ihn erlassen. Eine Verhaftung scheiterte am Freitag an der Blockade durch präsidiale Sicherheitskräfte, darunter auch Soldaten, vor seiner Residenz.
Yoon will Beschwerde gegen Strafverfolgungsbeamte einreichen
Nach der gescheiterten Festnahme Yoons hat dieser nun rechtlichen Schritte gegen die Beteiligten angekündigt. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, erklärte Yoons Anwalt, am Montag eine Beschwerde gegen rund 150 Strafverfolgungsbeamte einreichen zu wollen, darunter auch den Leiter der südkoreanischen Anti-Korruptionsbehörde (CIO).
Wie Yonhap berichtete, könnten die Ermittler noch am Sonntag erneut versuchen, Yoon festzunehmen. Sollte ihnen dies gelingen, hätten sie demnach 48 Stunden Zeit, Yoon zu befragen und zu entscheiden, ob sie ihn wieder freilassen oder einen Haftbefehl gegen ihn beantragen. In Seoul demonstrieren seit Tagen zahlreiche Anhänger Yoons vor dem Präsidentensitz. Auch Gegner des suspendierten Präsidenten protestierten zu Tausenden.
Ungeachtet eines Schneesturms demonstrierten am Sonntag erneut Tausende Südkoreaner in der Hauptstadt Seoul. Sowohl Unterstützer Yoons als auch Gegner trotzten den widrigen Wetterbedingungen und versammelten sich in der Nähe seines Wohnsitzes. Während die einen Yoons Wiedereinführung ins Präsidentenamt forderten, verlangten die anderen seine Verhaftung.