Wir Schweizer sind ein Volk von Rabattjägern. Über 14,1 Millionen Kundenkarten sind laut neusten Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK Schweiz im Umlauf. Die grossen Dominatoren: Supercard von Coop mit 3,17 Millionen Kärtchen und Cumulus von Migros mit 2,95 Millionen Stück. Und diese werden fleissig benutzt: Bei Migros werden astronomische 79 Prozent des Umsatzes mit Cumulus erfasst. Beim grossen Rivalen Coop sind es 72 Prozent.
Doch der Lohn für die Hergabe der eigenen Konsumdaten ist mager: Laut einer exklusiv für SonntagsBlick erstellten Auswertung des Vergleichsportals Verivox erhalten die Kunden relativ wenig zurück – egal, ob bei Migros, Coop oder Manor. Bei den grössten Kundenkarten-Programmen (über 600'000 Karten) spart man in der Regel gerade mal ein Prozent des Geldes ein, das man ausgegeben hat Sprich: Wer für 1000 Franken einkauft, hat am Schluss ein Zehnernötli im Sack. Wer die Aktionen geschickter ausnutzt, kann ein bisschen mehr sparen. Laut der Berechnung von Verivox-Experte Ralf Beyeler (39) kann man bei Coop 1,41 Prozent Rabatt herausholen, wenn man konsequent alle übers Jahr verteilte Mehrfach-Punkte-Bons einlöst. Bei Migros sind es 2,26 Prozent. Bei Manor sinds zwei Prozent, wenn man mit der Karte bezahlt.
Denner, Aldi und Lidl verzichten darauf
«Ein Prozent ist relativ wenig», resümiert Beyeler, «wenn man bedenkt, dass es Kaffeekarten gibt, wo es nach zehn Kaffees einen gratis gibt. Das sind neun Prozent Rabatt.» Unter Experten sind die Kundenkartenprogramme denn auch umstritten.
Aus den USA übernommen, haben sie sich in kaum einem europäischen Land so breit durchgesetzt wie in der Schweiz. Einzig die Discounter Denner, Aldi und Lidl verzichten auf Kundenkarten. Durch die geringere Breite des Sortiments würden sie sich für sie auch weniger lohnen, meint der ehemalige Marktforscher bei der Migros, Stefan Ryf.
Marketing-Expertin Adrienne Suvada (31) von der Zürcher Fachhochschule ZHAW sagt: «Beide Seiten kostet die Kundenkarte etwas: Die Konsumenten zahlen mit ihren Daten, die Unternehmen müssen teilweise aufwendige Programme aufrechterhalten.» Grossunternehmen haben damit jedoch viel zu gewinnen: Mit deren persönlichen Daten können sie ein genaues Bild von ihren Kunden zeichnen. Dieses dient der Optimierung der Läden und des Angebots. Aber auch der Umsatzsteigerung: Je besser sie ihre Kunden kennen, desto ausgefeilter können die Marketingabteilungen diese auch dazu anregen, mehr zu konsumieren. Etwa indem sie ein Produkt mit zusätzlichen Sammelpunkten versehen, das man nur ab und zu kauft.
Stefan Ryf gibt zu bedenken, dass der Mensch auch beim Einkaufen kein rationales Wesen ist: Er lässt sich von Aktionen verführen und rechnet an der Kasse nicht aus, ob er am Schluss tatsächlich etwas spart! So ist es gut möglich, dass man das mit der Kundenkarte eingesparte Geld durch eine Kundenkarten-Aktion wieder ausgibt.
Für Konsumenten- und Datenschützer ist klar: Der Kunde macht mit dem Überlassen seiner Daten einen schlechten Deal.
Neue Geschäftsbedingungen für die Supercard
Zwar sagen auch die kritischen Stimmen: Coop und Migros gehen grundsätzlich verantwortungsvoll und vorsichtig mit den Daten um. Doch Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, warnt: «Als Benützer einer Kundenkarte verliere ich die Kontrolle über meine Daten. Dies kann durchaus zu meinem Nachteil verwendet werden: zum Beispiel, indem ich gewisse Angebote nicht erhalte.»
Der Schweizerische Konsumentenschutz (SKS) moniert einen weiteren Punkt: Seit dem 3. Juli gelten neue Geschäftsbedingungen (AGB) für die Supercard, die man mit der Weiterbenutzung der Karte automatisch akzeptiert. Laut SKS habe es Coop «an der nötigen Transparenz fehlen lassen»: So erfahre man in den AGB keine Details über das Rating im Selbstzahl-Programm Passabene: Kunden werden darin in verschiedene Vertrauensstufen eingeteilt. Aber in welche? Was sind die Auswirkungen?
«Die AGB werden nur sporadisch angepasst. Zuletzt, weil zahlreiche zusätzliche Services hinzugekommen sind, wie der digitale Kassenzettel», teilt Coop auf Anfrage mit. Der Detailhandelsmulti aus Basel betont, dass die mittels Supercard gewonnenen Informationen «primär der Optimierung der Standorte» dienten. Per Ende 2016 hätten Kunden über 190 Millionen Franken Superpunkte-Guthaben angesammelt, schreibt Coop weiter.
Die Migros schreibt, dass das Cumulus-Programm keinen Einfluss auf die Preise habe. «Sie orientieren sich am Markt und an der Konkurrenz und stehen in keinem Zusammenhang zur Kundenkarte.» Jährlich schütte der Detailhändler mit Sitz am Zürcher Limmatplatz einen dreistelligen Millionenbetrag in Form von Cumulus-Bons an die Kunden aus. «Die Cumulus-Bons werden beinahe zu 100 Prozent eingelöst.» Auch Manor und Ikea Schweiz legen Wert darauf, dass die Kundendaten nur innerhalb des Unternehmens verwendet würden und die Geschäftsbedingungen jederzeit einsehbar seien.
Ob der Kunde die Kärtli nutzen will oder nicht, bleibt ihm überlassen. Ob er damit spart, sei dahingestellt.
* Die Kinder-Cumulus ist nur zu Spielzwecken.
Die Marketingabteilungen interessieren sich dafür, was sie wann, wo, zu welchem Preis, in welcher Häufigkeit und in welcher Kombination kaufen.
Zusammen mit den persönlichen Daten aus der Anmeldung und allenfalls auch Ihren Onlinekäufen erstellen sie ein Kundenprofil, welches Sie in ein bestimmtes Kundensegment einteilt: Sind Sie der Bio-Typ? Oder derjenige, der sich von Chips und Schokolade ernährt? Leisten Sie sich öfter mal Sélection oder stehen Sie auf Prix Garantie?
Dies ermöglicht dem Anbieter, Ihnen per Post, E-Mail oder über die App auf Sie zugeschnittene Angebote zu machen, um Sie zum Mehrkauf zu animieren.
Die Tipps
- Erkennen Sie personalisierte Aktionen und Rabatte und gehen Sie entsprechend vorsichtig damit um.
- Überlegen Sie sich jedes Mal, ob Sie das vergünstigte Produkt wirklich brauchen, und vermeiden Sie Hamsterkäufe.
- Lassen Sie sich von Bonuspunkten nicht dazu verleiten, mehr Geld auszugeben als geplant.
- Lesen Sie die Geschäftsbedingungen.
Die Marketingabteilungen interessieren sich dafür, was sie wann, wo, zu welchem Preis, in welcher Häufigkeit und in welcher Kombination kaufen.
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