Südländischer Charmeur mit angelsächsischer Härte – das ist der neue UBS-CEO
So tickt «Super-Sergio»

Sergio Ermotti muss eine Herkulesaufgabe bewältigen und die beiden Schweizer Grossbanken zu einer Super-UBS verschmelzen. Das Rüstzeug dafür hat er sich in einer langen und erfolgreichen Bankkarriere geholt.
Publiziert: 30.03.2023 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2023 um 20:36 Uhr
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Sergio Ermotti (62) übernimmt nächste Woche das Ruder als neuer CEO der UBS.
Foto: Bloomberg via Getty Images
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Jetzt sind alle voll des Lobes für «Super-Sergio». Sowohl in den Medien als auch aus Bundesbern gibt es nur wohlwollende Worte für Sergio Ermotti (62) – kritische Stimmen: Fehlanzeige! Der Tessiner soll nun wieder richten, was die Chefetage bei der CS verbockt hat – und die neue Super-UBS in eine prosperierende Zukunft führen.

Dafür ist Ermotti der Richtige, glaubt das ganze Land. Das hat sicher auch damit zu tun, dass er mit seinem Tessiner Charme nie abgehoben wirkt und es wie nur wenige andere versteht, sich auf sein Gegenüber einzulassen. Das gilt gerade auch für die Politiker und Politikerinnen, deren Sprache er eben auch spreche, wie Leute erzählen, die an Spitzentreffen in Bundesbern dabei waren. Er sei auch ein guter Zuhörer, der seine Wurzeln nie vergesse.

Karriere im Ausland

Diese liegen in Lugano, wo er seine steile Bankkarriere mit einer Lehre bei der Cornèr Bank begann. Fast wäre diese Karriere allerdings am Traum vom Fussballprofi gescheitert: «Ich war schon gut. Aber jeder Junge, der Fussball liebt, träumt von einer Profikarriere. Wer mit 15 davon träumt, CEO einer Bank zu werden, ist nicht ganz normal, oder?», vertraute er der «Schweizer Illustrierten» (SI) 2020 in einem Interview an.

Der Finanzplatz Tessin wurde dem ehrgeizigen Jungbanker schnell zu klein, es zog ihn zur Citibank nach Zürich, wo er zu Beginn im Handel mit Aktienanleihen tätig war und später zum Vizepräsidenten aufstieg. In der Folge war Ermotti in verschiedenen Positionen für die Londoner Investmentbank Merrill Lynch tätig, dann ging es für den Banker an den globalen Finanzplätzen London und New York steil nach oben.

Harziger Start bei der UBS

Sein Erfolgsrezept: südländischer Charme und Lockerheit gepaart mit angelsächsischer Härte, wenn es ums Geschäft geht. Bei der italienischen Unicredit stieg Ermotti bis zum Vizekonzernchef auf, der Posten als CEO blieb ihm allerdings verwehrt.

Auch sein erster Start bei der UBS verlief alles andere als reibungslos. Zwar wurde Ermotti 2011 nach nur einem halben Jahr auf den CEO-Posten befördert. Weil sein Vorgänger Oswald Grübel (79) die Verantwortung für den Milliardenverlust nach dem Adoboli-Skandal übernommen hatte.

Allerdings traute der Verwaltungsrat dem Newcomer noch nicht ganz über den Weg und machte ihn für zunächst zwei Monate zum Interim-CEO. Ein weiterer Knacks für den erfolgsverwöhnten Banker. Doch dann lieferte Ermotti sein Meisterstück ab, führte die UBS aus der Krise, krempelte das Geschäftsmodell um und machte die Bank zur grössten Vermögensverwalterin der Welt. Gerne wäre er auch Präsident der UBS geworden, doch die Bank hatte andere Pläne.

Einer der reichsten Schweizer

Also wurde Ermotti Präsident des Rückversicherers Swiss Re. Ein Job, der seinem Ego wohl nicht ganz gerecht wurde. Dieses sei gross, ist von vielen zu hören, die ihn näher kennen. Auch Geld sei ihm wichtig. Mit einem geschätzten Vermögen von 175 Millionen Franken gehört er zu den 300 reichsten Schweizern.

Doch Ermotti sieht Geld wohl eher als Bestätigung dafür, dass er es von ganz unten in der Bank bis nach ganz oben geschafft hat. In seinen Augen hat er sich seine Boni mehr als verdient. Auch deshalb ist das eines der wenigen Themen, wo er auch mal unwirsch reagiert, wenn er darauf angesprochen wird.

Ermotti ist ehrgeizig, eitel und erfolgshungrig, aber nicht abgehoben. Selbst auf SMS reagiere er prompt und professionell, ohne sich kumpelhaft anzubiedern. Die Familie ist dem Tessiner wichtig. Seine Frau Tina (59) hat er vor über 30 Jahren auf der Piazza in Lugano kennengelernt. Mit ihr und den beiden erwachsenen Söhnen spricht Ermotti am Wochenende nicht über das Business. «Das ist meine Art, die Familie zu schützen.»

Er braucht Adrenalin

Nun also ist Ermotti zurück an der Spitze der UBS. Auf dem Tessiner lasten die Hoffnungen der ganzen Schweiz, dass die Integration der CS in die UBS möglichst reibungslos und ohne Skandale und Milliardenverluste gelingt. Andere würden an diesem Druck zerbrechen, für Ermotti ist das erst der Kick, den er braucht, um zu Hochform aufzulaufen. «Das Adrenalin wird mir fehlen. Du hast jeden Tag ein Problem zu lösen, deine Meinung ist gefragt, man muss Entscheidungen treffen. Du bist im Zentrum eines grossen Systems. Das kreiert eine positive Energie», sagte Ermotti der SI nach seinem Abgang bei der UBS.

Jetzt ist der «George Clooney vom Paradeplatz», der, wie es heisst, immer seinen Kamm dabei hat, wieder zurück im Zentrum. Trifft sich mit Entscheidungsträgern, führt wichtige Gespräche und arbeitet bereits mit Volldampf am Aufbau der neuen Super-Bank – obwohl er seinen Job offiziell erst am 5. April antritt.

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