Nach vier Jahren ist Ende Jahr Schluss. Sarah Tiefenbacher und ihr Mann Felipe Rojas geben das Berggasthaus Sennhütte im Tösstal auf. Sie haben auf regionale Produkte gesetzt, auf Hausgemachtes. Die gemütliche Gaststube war ihr Markenzeichen. Die beiden haben erfolgreich gewirtschaftet. Haben beste Google-Rezensionen.
Und doch: Sie können nicht mehr. «Die Öffnungszeiten haben uns fast ins Grab gebracht», sagen sie dem «Landboten». Das Restaurant gehört der Zürcher Baudirektion. Und die Vorgaben des Kantons sind hart. Die Bedingungen im Mietvertrag sind deutlich. Von 9 bis 21 Uhr soll die Sennhütte im Sommer offen sein. Bei schönem Wetter sogar bis 22 Uhr. Selbst im Winter muss das Wirtepaar von 9 bis 20 Uhr geöffnet haben. Das geht an die Substanz.
Fünf Tage die Woche, 16 Stunden am Tag
Konkret heisst das für einen normalen Arbeitstag: «Wir stehen um 6 Uhr auf, backen Brot und Kuchen, am Sonntag Zopf, bereiten das Restaurant vor, bedienen die Hotel- und dann die normalen Gäste, bewirtschaften die zwei Doppel- und zwei Gruppenzimmer, kochen zu Mittag, beantworten Mails, kümmern uns um unsere vierjährige Tochter, putzen, servieren Kuchen und Kaffee, räumen ab, kochen Abendessen, machen sauber. Das fünf Tage die Woche, mindestens 16 Stunden am Tag», erzählen sie dem «Landboten». Kein Wunder, dass das an die Substanz geht.
Die beiden sind verzweifelt. «Wir finden keine Person, die so viel arbeiten will wie wir. Viele, die kompetent waren, hat es bereits verheizt», sagt Sarah Tiefenbacher. Nachbarn helfen zwar aus. Fix anstellen können sie für die Arbeit auf 1000 Metern über Meer niemanden. Hinzu kommt der Fachkräftemangel.
«Einfach eine bodenständige Beiz»
Schichtarbeit sei an einer solcher Lage einfach nicht möglich. Sie bringt es auf den Punkt. «Selbst wenn wir einen Tag pro Woche mehr schliessen könnten, würden wir überleben.» Dann wäre mehr Zeit für alles, was ausserhalb des täglichen Betriebs anfällt.
Was haben sie für Wünsche an die Nachfolger? «Es wäre schön, dass sie unsere Grundidee aufnehmen», sagt Tiefenbacher zu Blick. Heisst: Ohne Fertigprodukte arbeiten, Eier und Fleisch von benachbarten Bauern beziehen. «Einfach eine bodenständige Beiz führen, das würde mich freuen.»
Angst um die Zukunft hat sie keine. «Wir sind gut vernetzt. Haben Jobangebote aus den verschiedensten Regionen. Und wir könnten uns gut vorstellen, auch im Ausland neu anzufangen, zum Beispiel in Chile, wenn sich dort die politische Lage beruhigt hat.»
«Mit fünf Grappas pro Woche lässt sich ein Lokal nicht betreiben»
«Das Konsumverhalten der Gäste hat sich verändert.» Früher hätten Wirte in Beizen wie der Sennhütte ihren Umsatz mit Alkohol gemacht. Heute bestellten die Gäste oft nur ein Wasser oder ein Glas «vom guten Wein», so die Wirtin. «Die Trinkerei ist nicht mehr salonfähig.» Dann fügt sie hinzu: Wenn sie fünf Grappas pro Woche verkaufe, sei das schon viel. Damit lässt sich ein Lokal nicht rentabel betreiben.
Die Zürcher Baudirektion will «aus Datenschutz- und Persönlichkeitsschutzgründen» auf die konkreten Vorwürfe nicht eingehen. Wie es für sie weitergeht, ist noch unklar. Tiefenbacher sagt, sie und ihr Mann hätten mehrere Jobangebote erhalten. «Jetzt brauchen wir aber erst einmal eine Pause.»