Das Otto's-Erfolgsrezept ist simpel: Markenprodukte wie Barilla-Pasta, Boss-Parfums oder Nike-Kleidung über den Graumarkt in die Schweiz importieren. Das ist grundsätzlich erlaubt. Weil er so den Schweizer Generalimporteur ausschaltet, kann der Innerschweizer Waren-Discounter die Produkte bis zur Hälfte billiger in seinen Läden anbieten.
Dafür ist Otto’s-Chef Mark Ineichen (44) – Sohn des verstorbenen Warenposten-Gründers Otto Ineichen († 70) – bekannt. Damit bringt er regelmässig Marken-Importeure auf die Palme. Zuletzt eskalierte im Oktober 2015 ein Streit mit den Ski-Herstellern Fischer und Völkl – sogar die Wettbewerbsbehörde Weko schaltete sich ein, wie «Blick» berichtete.
Jetzt legt sich Otto's mit den Coiffeuren an. Der Zoff eskalierte dermassen, dass Ineichen die Justiz einschaltete!
Coiffeure zahlen bei Otto's weniger als beim Generalimporteur
Aber der Reihe nach: Seit letzter Woche finden sich Profi-Haarpflegeprodukte der Marke Joico, die zum japanischen Kosmetikriesen Shiseido gehört, in den Warenposten-Regalen von Otto's. Sie kosten zum Teil nur halb so viel, wie Kunden in den Coiffeur-Salons dafür berappen müssen.
Beispiel: Die 1-Liter-Behälter kosten bei Otto's 24.90 Franken. Beim Coiffeur – die Joico-Produkte gibts in der Regel nicht in Schweizer Supermärkten – bezahlen Kunden meist doppelt so viel dafür. «Selbst Coiffeursalons bezahlen im Einkauf beim Hauptimporteur rund 30 Franken für einen Liter», schreibt das «St. Galler Tagblatt» in seiner aktuellen Ausgabe.
Schweizer Generalimporteur für Joico-Produkte ist die Firma Blue Box Distribution AG in Kriens LU. Deren Chef Marcel Meyer wettert in der Regionalzeitung über die Preisoffensive des Waren-Discounters. «Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, wenn Otto's beispielsweise Pasta billiger verkauft als bei Coop oder Migros. Aber ich verstehe nicht, warum Otto's in einem solch kleinen Markt als Preisbrecher agiert», sagt Meyer.
Der Joico-Generalimporteur spricht von einem «Angriff auf die Coiffeur-Branche». Meyer: «Coiffeure leben unter anderem davon, dass sie professionelle Produkte mit angemessener Marge verkaufen können.»
Meyer hat bei Ineichen interveniert. Offenbar wurde Meyer im Telefonat mit einem Otto's-Mitarbeiter schnell laut. Die Angriffe gingen mehr als nur unter die Gürtellinie, wie «Blick.ch» weiss.
«Ich habe im Affekt Sachen gesagt, die ich heute bedaure», sagt Meyer dem «St. Galler Tagblatt».
Facebook-Post gegen Otto's nervt Ineichen
Für Ineichen ist die «verbale Entgleisung» nicht gegessen. Auch wehrt sich Ineichen gegen einen Facebook-Post eines Coiffeurs. Für alle zugänglich schreibt dieser, dass Otto's Joico-Importe alt seien und nicht für den europäischen Markt zugelassen. Es heisst dort zudem: «Auch ist noch nicht sicher, ob in den Flaschen auch wirklich Joico enthalten ist oder es sich um eine Fälschung handelt.»
Ineichen zu «Blick.ch»: «So etwas habe ich noch nie erlebt. Wir nutzen jetzt alle rechtlichen Mittel gegen Generalimporteur Blue Box und die Verfasserin des Facebook-Eintrags.»
Den von der Coiffeur-Branche geäusserten Vorwürfe widerspricht er vehement. Auch weist er die Behauptung zurück, die Ware sei veraltert oder gefälscht. «Die gegen Otto's erhobenen Vorwürfe sind haltlos», sagt Ineichen weiter.
Es dürfte nicht das letzte Mal sein, dass Otto's mit seinem Geschäftsmodell einen Streit provoziert. Eine Frage bleibt offen: Kann der Warenposten-Verkäufer im Geheimen nun auch bei den Coiffeuren mit seiner Joico-Preisoffensive punkten? So mancher Coiffeur dürfte sich die Profi-Shampoos künftig bei Otto's besorgen anstatt beim teureren Generalimporteur in der Schweiz.