Verspätungen, Ausfälle, Abfertigungschaos: Pünktlichkeit ist eine Tugend, die viele Airlines offenbar nicht besonders ernst nehmen. Tatsächlich erlebte Europa im Sommer 2018 ein Flugchaos: Alleine am Flughafen Zürich mit jährlich über 30 Millionen Passagieren war jeder vierte Flug verspätet. Und Annullierungen gehören mittlerweile zur Tagesordnung.
Die tiefen Margen, der globale Tourismusboom und die Infrastruktur der europäischen Flughäfen, die mit dem Wachstum in der Aviatik-Industrie nicht mithalten kann, treiben die Airlines an den Rand des Wahnsinns. Die Unternehmen arbeiten am Limit. Daran wird sich auch künftig so schnell nichts ändern.
Welche Airline kann sich im Flugchaos dennoch behaupten? Welche Fluggesellschaft ist die pünktlichste in der Schweiz und welche verspätet sich am häufigsten? Das Fluggasthelfer-Portal Airhelp hat die Flugdaten der 20 grössten Airlines zwischen dem 1. Januar und dem 31. Mai 2019 analysiert.
«Swiss kann nicht mit anderen Airlines verglichen werden»
Die Lufthansa-Tochter Swiss weist laut Airhelp die schlechteste Pünktlichkeits-Bilanz auf: Beim Schweizer Branchenprimus war mehr als jeder vierte Flug dieses Jahr verspätet oder fiel sogar aus (27,4 Prozent). Damit belegt die Airline den 20. und damit letzten Platz des Rankings.
Swiss-Sprecherin Karin Müller sagt: «Dass sich die Pünktlichkeit von Swiss von anderen Airlines unterscheidet, liegt einerseits daran, dass Swiss mit Abstand das grösste Netzwerk und am meisten Flüge anbietet und andererseits, dass Swiss als einzige Airline in der Schweiz ein Hub-Modell betreibt.»
Das Hub-Modell könne nicht mit Airlines verglichen werden, die ein Point-to-Point-Modell betreiben oder in Nischen wie Ferienreisen unterwegs seien. «Unabhängig von Rankings geniesst für Swiss als Premium Airline nach der Sicherheit die Pünktlichkeit einen hohen Stellenwert», betont Müller.
Edelweiss ist pünktlichste Airline
Die pünktlichste Fluggesellschaft des Landes gehört ebenfalls zum Lufthansa-Konzern. Es ist Edelweiss: Zwischen Januar und Juni 2019 waren nur 7,3 Prozent aller Flüge der Swiss-Tochter verspätet oder fielen aus.
Auch bei Alitalia (9,8 Prozent) und der ungarischen Billigfluggesellschaft Wizz Air (10,6 Prozent) erreichten mehr als 89 Prozent aller durchgeführten Flüge ihr Ziel pünktlich.
Bei der Lufthansa waren seit Beginn des Jahres 26,9 Prozent aller Flüge unpünktlich.
Komplettiert werden die drei letzten Plätze des Rankings von der niederländischen KLM mit 24,7 Prozent.
Passagiere sind nicht machtlos
Philippe Strässle von Airhelp rät den Fluggästen bei Verspätungen oder Annullierungen von ihren Passagierrechten Gebrauch zu machen. Allerdings: Nur jeder zehnte Europäer kennt seine Rechte. Viele Fluggäste fordern laut Airhelp ihre rechtmässigen Entschädigungen nie ein, obwohl die Rechtslage klar ist.
Im Fall eines stark verspäteten oder ausgefallenen Fluges sowie bei einer Nichtbeförderung haben Reisende unter anderem Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro pro Person. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Start- oder Zielflughafen innerhalb der EU liegt. Im Falle von Letzterem muss die durchführende Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU haben. Durch ein Abkommen mit der EU gilt dies ebenso für die Schweiz.
Der Grund für die Verzögerung im Flugbetrieb muss durch die Airline verschuldet sein. Das Recht auf finanzielle Entschädigung kann innerhalb von drei Jahren ab dem verspäteten Flugtermin eingefordert werden, ansonsten verjährt dieser Anspruch. Aussergewöhnliche Umstände wie Unwetter oder medizinische Notfälle bewirken, dass die ausführende Airline von der Kompensationspflicht befreit wird.