Streik-Drohung betrifft Nati-Fans und Team
Ruiniert uns die Deutsche Bahn die EM-Party?

Bei der Deutschen Bahn entwickelt sich wenige Wochen vor der Fussball-EM ein intensiver Streit über die Sicherheit der Beschäftigten. Eine Streikdrohung steht im Raum. Blick hat bei der Nati nachgefragt, die auch mit dem Zug an die Spiele reisen will.
Publiziert: 06.05.2024 um 12:47 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2024 um 16:56 Uhr
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Xherdan Shaqiri wird auch im Sommer mit der Nati den Zug nehmen – bleibt zu hoffen, dass die Züge auch fahren ...,
Foto: TOTO MARTI
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Auf die Schweizer Fussballfans wartet in diesem Sommer ein absolutes Highlight: die Fussball-Europameisterschaft in Deutschland. In gut einem Monat ist es so weit. Die meisten Nati-Fans haben ihr Zugticket nach Köln, Frankfurt und Co. bereits gebucht. Und auch die Nati-Stars selbst werden von ihrem Camp in Stuttgart mit dem Zug an die Gruppenspiele in Köln und Frankfurt reisen.

Doch jetzt droht der EM, den Gästen aus ganz Europa und der Schweizer Fussballnationalmannschaft das Worst-Case-Szenario: ein Mega-Streik.

Die Bahngewerkschaft EVG hat die Streikdrohung vergangene Woche erstmals ausgesprochen. Grund dafür ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn vermehrt Gewalt ausgesetzt sein sollen. Wenn sich die Sicherheitssituation für die Mitarbeitenden vor der EM nicht entspannt habe, «werden wir dafür sorgen, dass die Züge nicht fahren», sagte EVG-Vorstand Kristian Loroch.

Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche eine Umfrage unter Beschäftigten von Bahnunternehmen vorgestellt. Demnach haben 64 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt oder Anfeindungen erlebt.

20 Prozent mehr Sicherheitskräfte nicht genug

Am Montag legt die EVG nach und fordert «Sofortmassnahmen» anlässlich der anstehenden Fussball-EM. Denn die von der Deutschen Bahn kommunizierte Aufstockung der Sicherheitskräfte von 20 Prozent (rund 900 Sicherheitskräfte mehr) sind der Gewerkschaft nicht genug.

«20 Prozent pauschal mehr Sicherheitspersonal reicht meines Erachtens nicht», sagt der EVG-Chef Martin Burkert (59) der deutschen Nachrichtenagentur DPA. «Wir werden nicht nur freundliche Fussballfans hier haben, und bei manchen Fans ist die Hemmschwelle zur Gewalt einfach sehr weit unten. Daher muss die Bahn für die Sicherheit noch eine Schippe drauflegen.»

Plan B für Nati-Stars

Beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) vertraut man auf einen reibungslosen Ablauf. «Die Deutsche Bahn ist nationaler Partner der Uefa für die EM, die Uefa wiederum hat allen Teams empfohlen, per Zug zu den Spielen zu reisen», lässt der Verband ausrichten. Klar aber ist auch, dass die Nati-Stars um Granit Xhaka (31), Xherdan Shaqiri (32) und Co. einen Alternativplan haben für den Fall, dass es zum grossen Streik kommt. Die Nati könnte dann auch nach Köln oder Frankfurt mit dem Team-Car reisen oder notfalls gar das Flugzeug nehmen.

Anders präsentiert sich die Lage für die Nati-Fans. Sie sind auf eine funktionierende Zugverbindung angewiesen. Am Matchtag selbst zu improvisieren, dürfte schwierig werden. Die Deutsche Bahn beschwichtigt auf Blick-Anfrage. Neben der Aufstockung der Sicherheitskräfte um 20 Prozent werden «bundesweit rund um die Uhr knapp 6000 Beamte der Bundespolizei und rund 4500 Sicherheitskräfte für die Deutsche Bahn im Einsatz stehen, um Bahnkundinnen und Mitarbeitende zu schützen». Über einen möglichen Streik will die Deutsche Bahn nicht spekulieren und verweist auf die regulären europäischen Fahrgastrechte, die in einem solchen Fall greifen.

Die SBB wollen sich erst bei einem angekündigten Streik konkret zur Situation äussern. Ein Sprecher lässt aber verlauten: «Auf dem Schweizer Streckenabschnitt werden in solchen Fällen ausgefallene grenzüberschreitende Verbindungen durch Ersatzkompositionen ersetzt, sodass der inländische Verkehr möglichst nicht betroffen ist.» Bei Streiks im Ausland informieren die SBB ihre Kunden so rasch wie möglich. Übrigens: Die SBB organisieren in Zusammenarbeit mit Blick exklusive Fanzüge für die EM.

«Nicht bereit, Leib und Leben dafür zu gefährden»

EGV-Chef Burkert geht am Montag einen Schritt weiter und fordert nun gar ein EM-Sonderprogramm, «das vor allem auch die Bahnhöfe und Vorplätze im Blick hat». Das Programm müsse dem Spielplan, den Paarungen und den Fan-Bewegungen angepasst sein. «Wir sind als EVG dazu im engen Austausch mit der Gewerkschaft der Polizei.» Die Kolleginnen und Kollegen bei den Bahnunternehmen seien bereit, gute EM-Gastgeber zu sein. «Aber sie sind nicht bereit, Leib und Leben dafür zu gefährden.»

Die Fussball-EM beginnt am 14. Juni in München mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland (21 Uhr). Der Final findet am 14. Juli in Berlin statt. Weitere Spielorte sind Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig und Stuttgart.

Fussballfans mit Eintrittskarte zu einem EM-Spiel wurden bereits in den vergangenen Monaten offensiv zur Reise im DB-Fernverkehr aufgerufen und mit Ticketangeboten angelockt. Wer eine Eintrittskarte besitzt und innerhalb Deutschlands fährt, kann die Bahn bei Hin- und Rückfahrt zum jeweiligen Spiel für 29.90 Euro pro Strecke nutzen.

Mit Material der SDA

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