Strafbefehle im Fall Carna Grischa
Bussen für Fleisch-Schwindel

Zwei Ex-Chefs von Carna Grischa sind wegen mehrfacher Warenfälschung verurteilt worden. Einer kassierte zudem eine Verkehrsbusse. Er war mit seinem Luxus-Mercedes 46 km/h zu schnell unterwegs.
Publiziert: 17.11.2016 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:23 Uhr
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Kommt ungeschoren davon: Der ehemalige VR-Präsident der Carna Grischa, Ettore Weilenmann.
Foto: Blick
Bastian Heiniger und Guido Schätti

Die Anweisungen waren unmissverständlich: «Ungarn schnetzeln!», lautete die Order der Bestellabteilung der Bündner Fleischfirma Carna Grischa an die Verpacker. Und der Kunde bekam billiges Poulet aus Ungarn statt das bestellte Schweizer Güggeli. In einem anderen Fall hiess es: «Bitte Aufgetaute geben.» So wurde Tiefkühlware als Frischfleisch verkauft.

Kunden jahrelang falsch beliefert

Über Jahre hinweg führte die Bündner Fleischfirma Carna Grischa ihre Kunden hinters Licht – von der Kinderkrippe bis zum Altersheim, vom UBS-Personalrestaurant bis zur Kantine der Zürcher Kantonspolizei. Vor zwei Jahren machte SonntagsBlick den Skandal publik. Jetzt hat der Bündner Staatsanwalt Claudio Riedi (49) die Strafuntersuchung abgeschlossen.

Zwei Geschäftsführer werden per Strafbefehl wegen mehrfacher Warenfälschung verurteilt. Der eine kassiert eine bedingte Geldstrafe von 50’400 Franken und eine Busse von 6300 Franken, der andere eine bedingte Geldstrafe von 27’000 Franken und 3400 Franken Busse.

Einer erhielt zusätzlich eine Verkehrsbusse aufgebrummt, da er ausserorts mit 126 km/h geblitzt worden war. Offenbar hat er hervorragend verdient: Sein Mercedes hat einen Neuwert von mehr als 200’000 Franken. BLICK hatte Einsicht in den Strafbefehl. 

Offene Rechnungen über 4,5 Millionen Franken

Ungeschoren kommt Ettore Weilenmann (57) davon. Der Verwaltungsratspräsident wusste offenbar nichts von den Tricks seiner Untergebenen. Carna Grischa ging letztes Jahr pleite. Die Lieferanten blieben auf offenen Rechnungen von 4,5 Millionen Franken sitzen.

Die beiden Strafbefehle sind nicht rechtskräftig. Innerhalb von zehn Tagen können die Beschuldigten Einspruch erheben. Dass sie das tun werden, ist wenig wahrscheinlich. Denn besser werden sie in nächster Instanz kaum davonkommen. 

Grosszügige Bündner Justiz

Die Zürcher Justiz hat ähnliche Delikte mit deutlich härteren Strafen geahndet. So verurteilte sie vor zwei Jahren einen Türken, der Schwein statt Kalb verkauft hatte, wegen mehrfachen Betrugs und Falschbeurkundung. Dasselbe Verdikt blühte einem Fleischhändler, der afrikanischen Springbock als Reh verramscht hatte.

Auch bei den vorgeworfenen Tatbeständen zeigt sich die Bündner Justiz von der grosszügigen Seite. Dem BLICK liegen Fälle vor, die belegen, dass bei Carna Grischa Verfallsdaten manipuliert und Pferdefleisch als Rindfleisch deklariert wurde. Beides wird den Ex-Geschäftsführern nicht vorgeworfen. 

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Freipass für schwarze Schafe

Der Fleischhandel hat einen schlechten Ruf. Mauscheln, Abzocken und Etikettenschwindel sind bei vielen Firmen an der Tagesordnung, berichten Insider. Der Fall Carna Grischa brachte Licht ins Dunkel. Ein mutiger Mitarbeiter brach das Schweigen. Und lieferte knallharte Beweise, dass die Bündner Firma ihren Kunden jahrelang minderwertige Ware geliefert hatte.

Das war ein Steilpass für die Justiz. Doch die Bündner Staatsanwaltschaft macht nichts daraus. Ihr Strafbefehl gegen zwei Ex-Chefs von Carna Grischa fällt seltsam mild aus. Von Betrug und Urkundenfälschung ist nicht die Rede, von Gewerbsmässigkeit auch nicht.

Für die Branche ist das ein fatales Signal. Betrügereien sind hoch lukrativ. Jeder ehrliche Metzger muss sich veräppelt vorkommen. Die schwarzen Schafe können dagegen aufatmen. Mehr als eine Busse haben sie nicht zu befürchten.

Guido Schätti, Wirtschaftschef
Guido Schätti, Wirtschaftschef

Der Fleischhandel hat einen schlechten Ruf. Mauscheln, Abzocken und Etikettenschwindel sind bei vielen Firmen an der Tagesordnung, berichten Insider. Der Fall Carna Grischa brachte Licht ins Dunkel. Ein mutiger Mitarbeiter brach das Schweigen. Und lieferte knallharte Beweise, dass die Bündner Firma ihren Kunden jahrelang minderwertige Ware geliefert hatte.

Das war ein Steilpass für die Justiz. Doch die Bündner Staatsanwaltschaft macht nichts daraus. Ihr Strafbefehl gegen zwei Ex-Chefs von Carna Grischa fällt seltsam mild aus. Von Betrug und Urkundenfälschung ist nicht die Rede, von Gewerbsmässigkeit auch nicht.

Für die Branche ist das ein fatales Signal. Betrügereien sind hoch lukrativ. Jeder ehrliche Metzger muss sich veräppelt vorkommen. Die schwarzen Schafe können dagegen aufatmen. Mehr als eine Busse haben sie nicht zu befürchten.

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