Einige lümmeln in ihren Sesseln. Computer vor sich, die Gedanken irgendwo in der Cloud. Andere hocken an langen Tischen. Die Diskussion eifrig, während sich in der Ecke einer ein Turboschläfchen gönnt. Das Ambiente etwas zwischen WG und Google. Nicht irgendwo, sondern am Bahnhof Selnau in Zürich: seit vergangener Woche der angesagte Hotspot für Startups im Land und Teil einer branchenübergreifenden Digitalisierungsinitiative, welche DigitalZurich2025 angestossen hat. 30 Jungunternehmer aus vier Kontinenten, zwischen 22 und 48 Jahren, in der erdrückenden Mehrheit Männer, haben sich hier für 11 Wochen einquartiert (siehe Fact Sheets). Dieser Inkubator ist ein Vulkan an Geschäftsideen.
Es gibt Startups für gesunde Ernährung und Food-Allergiker. Solche, die mit einer smarten Idee und digitaler Hilfe sauberes Trinkwasser nach Afrika bringen wollen. Oder der globalen Verschwendung von Nahrungsmitteln den Kampf ansagen. Solche wie Gerald Perry Marin, ein quirliger 25jähriger Typ aus den Philippinen, der Gemüse und Früchte, die sonst im Abfall landen, einfach pulverisiert. So wird die Haltbarkeit von ein paar Wochen auf zwei Jahre hochgestemmt.
Andere Jungunternehmen verheiraten die physische mit der digitalen Welt. Drofie zum Beispiel, eine Mini-Drohne mit Kamera im Taschenformat, die vielleicht nicht die ganze Welt verändern, aber immerhin für ein einige Menschen ein lästiges Problem aus der Welt schaffen kann: den Selfiestick braucht es nicht mehr, denn das Selfie schiesst Drofie und gesteuert wird er smart mit dem Smartphone. Oder die Vision von Peter Spence, ein Techno-Nerd aus Grossbritannien, der mit Robot-Spielzeugen für Fünfjährige zukünftige Technik-Erfinder schon im frühkindlichen Alter auf diese Lebensaufgabe vorbereiten will. Die Kids bauen dabei ihre Fantasiewelt mit Techno-Elementen und bewegen diese mit dem Smartphone.
Und dann gibt es die, die neue Technologien zur Lösung von aktuellen Problemen entwickeln. Die Schweizer Biowatch etwa baut biometrische Uhren zur individuellen Identifikation. Da ist Perttu Karjalainen, der Finne, den zwei Dinge auszeichnen: er ist ein blonder, dünner Zwei-Meter-Mann, der sich fast ohne Unterlass geröstete Insekten in den Mund schiebt. Kein Wunder: Karjalainen hat einen Kubus, eine mobile Insektenfarm entwickelt, in der er das extrem anspruchslose, aber extrem proteinhaltige Insekt namens «European House Criquet» züchtet. Wenn es ihm gelingt, deren Verzehr in Europa salonfähig zu machen, ist das zumindest indirekt auch ein Beitrag gegen den Hunger auf der Welt.
Ganz andere Probleme treiben den 33jährigen Johnny Zhang aus dem fernen Shanghai um, der sich im Finanzzentrum Zürich im Bereich Fintech weiterbilden will. Er baut in China eine Online-Plattform für studentische Kredite auf, weil er weiss, dass dort Unigänger kaum kreditwürdig sind und sich im Reich der Mitte sagenhafte 35 Millionen Studenten tummeln - über das Marktpotential seiner Geschäftsidee braucht sich dieser Mann jedenfalls keine Gedanken zu machen.