Wenn Star-Chirurg Thierry Carrel (55) zum Skalpell greift, werden keine Mandeln rausgeschnitten. Er hantiert stets am Herzen. Es geht immer gleich ums Lebige. Jede Woche rettet er drei bis vier Leben.
Es scheint, als würde er dafür zu wenig verdienen. Im Interview mit der «Schweizer Illustrierte» sagt er: «Obwohl es in unserem Beruf oft um Leben und Tod geht, ist das durchschnittliche Einkommen bedeutend geringer als jenes von Bankern und Wirtschaftsmanagern. Ich stelle mir immer wieder die Frage, ob die eine Arbeit tatsächlich so viel mehr wert sein kann als die andere.»
Carrel verdient um die 600'000 Franken. Carrel betont im Interview, dass es ihm nicht um die eigene Person geht: «Ich bin ja sehr bescheiden aufgewachsen und habe den Arztberuf nie wegen der Entlöhnung angestrebt.»
Ärzte-Nachfrage ist weniger hoch
Die Frage ist: Sollte jemand, der Leben rettet mehr verdienen, als einer, der Kredite vergibt oder ein Unternehmen leitet?
Auf gar keinen Fall, sagt Wirtschaftsberaterin Sonja A. Buholzer: «Ärzte und Wirtschaftsmanager generieren in ganz unterschiedlichen Bereichen gesellschaftlichen Mehrwert.» Der Arzt habe Verantwortung über Leben und Tod, während der Manager seinen Angestellten und deren Familien gegenüber verantwortlich sei. Beide müssten dafür höchste Anforderungen erfüllen.
Dass es trotzdem starke Lohnunterschiede gibt, führt sie auf den unterschiedlichen Wettbewerb zurück: «Das Angebot an jungen, hervorragend ausgebildeten Ärzten und Fachärzten, auch aus dem Ausland, ist anspruchsvoll. Das generiert Wettbewerb und senkt das Lohnniveau. Die Zahl exzellenter Wirtschaftsführer hingegen ist noch immer klein und exklusiv. Im freien Markt treibt dies die Löhne nach oben.» (alp)