Noch ist sie fremd. Doch bald wird die digitale Identität zu uns gehören wie heute Pass, Fahrausweis und Krankenkassen-Kärtli. Das ist praktisch. Statt verschiedenste Passwörter und Log-ins braucht man dann nur noch eines – für Online-Shops, E-Banking, Postkonto, Steuererklärung, E-Voting.
Die Schweiz arbeitet derzeit mit Hochdruck daran. Das Problem: Es haben sich zwei rivalisierende Lager gebildet. Post und SBB tüfteln gemeinsam an einer Lösung. UBS, Credit Suisse und Swisscom vereint an einer anderen. Es droht die Verzettelung. Ähnlich wie beim mobilen Bezahlen, wo es verschiedene Versionen gibt, von denen sich keine durchsetzt.
Einigung in Reichweite
BLICK weiss jedoch: Die beiden Lager steuern auf eine Einigung zu. An einem Anlass der Initiative Digitalswitzerland im September 2017, an dem die gesamte Schweizer Wirtschaftselite vertreten war, verkündete SBB-Chef Andreas Meyer (56) auf der Bühne: «Wir sind nahe an einer Einigung.» Man arbeite daran, dass noch dieses Jahr eine E-ID für die Schweiz eingeführt werden könne, auf deren Grundsätze man sich einige. «Wir können uns in der Schweiz keine Kleinkriege erlauben.»
Meyers Äusserungen kommen nicht von ungefähr: Kurz vor der Veranstaltung standen Chefs und hohe Kader von SBB, Post, Swisscom, UBS und CS zusammen und sprachen sich ab.
UBS, Post und Swisscom antworten im gleichen Wortlaut
Offiziell wollen die Unternehmen die Einigung noch nicht bekannt geben. Ihre Kommunikation haben sie aber bereits aufeinander abgestimmt.
Die Swisscom sagt auf Anfrage: «Wir arbeiten darauf hin, in der Schweiz die Kräfte zu bündeln.» Es liefen Gespräche mit potenziellen Partnern für eine Zusammenarbeit. Die E-ID müsse für alle Kunden und Institutionen einfach integrier- und nutzbar sein.
Ähnlich klingt es bei der UBS: «Es findet ein Austausch zwischen allen interessierten Parteien statt.» Dabei werde geprüft, ob man die Kräfte bündeln könne, um eine gemeinsame Lösung zu schaffen. SBB und Post antworten mit dem genau gleichen Wortlaut.
Dem Vernehmen nach haben die beiden Parteien bereits eine Absichtserklärung unterschrieben, wonach die Identitätsdaten bei einem privaten Broker lagern sollen – unter Kontrolle des Staats.
Gewisse Differenzen sind aber noch nicht ausgeräumt. So möchten die Banken offenbar, dass man sich mit deren Log-ins bei anderen Diensten anmelden kann, nicht aber umgekehrt.
Post startet den Pilotversuch
Unklar ist, ob es letztlich eine einzige E-ID geben wird oder verschiedene, die miteinander kompatibel sind. Die Zeit jedoch drängt: Noch in diesem Monat startet die Post als erstes Unternehmen einen Pilotversuch. 2000 ausgewählte Mitarbeiter und Kunden dürfen die SwissID, so nennen SBB und Post ihre Lösung, testen. Noch dieses Jahr soll sie allen anderen Kunden kostenlos bereitstehen.
Bei den SBB erhalten Swisspass-Kunden ab Sommer 2018 kostenlosen Zugang. «SwissID wird Privatpersonen, Unternehmen und Behörden erlauben, diverse Log-ins und Passwörter auf ein einziges Passwort zu reduzieren und so einen einfachen und sicheren Zugang zu möglichst vielen Online-Angeboten gewährleisten», sagt SBB-Sprecherin Franziska Frey.
Für Behördenverkehr sind gesetzliche Grundlagen nötig
Damit die E-ID aber auch für behördliche Geschäfte wie Anmeldung auf der Gemeinde, Steuererklärung oder E-Voting gültig ist, braucht es ein entsprechendes Gesetz.
Der Bundesrat arbeitet derzeit an einem Vorschlag, der im Parlament diskutiert werden wird. Sollten wie vorgesehen Staat und Unternehmen kooperieren, dürfte 2019 eine Lösung bereitstehen. Entscheidet sich das Parlament für eine rein staatliche E-ID, verstreichen wohl noch mehrere Jahre.
Am 21. November steht die Schweiz im Zeichen der Digitalisierung: Die Initiative Digitalswitzerland führt zusammen mit über 40 Unternehmen und Institutionen den 1. Nationalen Digitaltag durch. Damit soll Interessierten die Digitalisierung nähergebracht und anschaulich gezeigt werden, welche Chancen sie bietet. Der europaweit einzigartige Anlass steht unter dem Patronat von Bundespräsidentin Doris Leuthard und Bundesrat Johann Schneider-Ammann, und auch Bundesrat Alain Berset engagiert sich. BLICK berichtet in einer losen Serie über Spannendes rund um die Digitalisierung – und ist am 21. November auch dabei.
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