«Eigengoal des Jahrhunderts»
SP-Präsident Levrat fährt eigenen Leuten wegen AHV-Nein an den Karren

SP-Parteipräsident Christian Levrat fuhr bei seiner Eröffnungsrede zur Delegiertenversammlung in Olten SO für einmal nicht den anderen Parteien an den Karren, sondern übte Kritik an den eigenen Reihen. Er kritisierte jene SP-Kreise, die mitgeholfen hatten, die AHV-Revision zu versenken.
Publiziert: 14.10.2017 um 11:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:35 Uhr
SP-Präsident Christian Levrat nahm seine Partei heute in die Mangel.
Foto: Keystone

«Einige von uns haben vor drei Wochen das Eigengoal das Jahrhunderts geschossen. Sie haben die Erwartungen ihrer Mitglieder oder ihrer Wählerschaft nicht erfüllt», sagte Levrat mit Blick auf das Nein zur Rentenreform am 24 September. Die SP hätte ohne die Gegnerschaft aus den eigenen Reihen die Abstimmung gewonnen.

Sie, die Gegner in den eigenen Reihen, hätten nicht begriffen, dass man das Leben der sozial Schwächsten hätten verbessern können, indem die AHV gestärkt worden wäre. Diese Leute hätten die Chance, die sich geboten hat, nicht gepackt. Sie seien im Stillstand verharrt und hätten sich sich zu Verbündeten der Rechtsaussen-Parteien gemacht.

Als Präsident der SP Schweiz steht es ihm jedoch nicht zu, gute oder schlechte Noten zu verteilen, sagte Levrat weiter. Jeder solle sein Gewissen selbst prüfen, er werde weder den Schulmeister für die Kantonalparteien noch den Papa für die Juso spielen, meinte er an die Adresse der Abweichler.

Heftige Debatte um 99%-Initiative

Im Mittelpunkt der DV stand die von den Jungsozialisten vor kurzem lancierte Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern». Diese so genannte 99%-Initiative möchte, dass Kapitaleinkommen von über 100'000 Franken eineinhalb Mal so stark wie Arbeitseinkommen besteuert werden. Eine Forderung, die für heftige Diskussionen sorgte.

Die SP-Geschäftsleitung hatte die Unterstützung der Vorlage empfohlen. SP-Präsident Christian Levrat hat sogar Einsitz im Initiativkomitee genommen.

An vorderster Front kämpft aber Juso-Präsidentin Tamara Funiciello für die Initiative. Es gehe nicht um einen Klassenkampf, sondern um mehr Gerechtigkeit, sagte sie. Es gebe Leute, die wüssten heute nicht, wie sie Mieten und Krankenkassenprämien bezahlen können. Auf der anderen Seite habe die Unternehmenssteuerreform II die Besteuerung von Kapital und Dividenden massiv gesenkt. Dies soll mit der Initiative wieder geändert werden.

Liberalere SP-Kreise lehnen die Initiative hingegen ab. Es treffe nicht nur Superreiche, und es würden weitere Steuerungerechtigkeiten geschaffen, sagte die Aargauer Nationalrätin Yvonne Feri, eine Vertreterin der liberalen «Reformorientierten Plattform». Vielmehr solle man die bestehenden Steuerungerechtigkeiten aus der Welt schaffen. Auch andere kritische Stimmen meldeten sie sich zu Wort und bemängelten den unausgegorenen Initiativtext. Die Initiative sei zum vorneherein zum Scheitern verurteilt.

Argumente, die keine Mehrheit überzeugen konnten: Am Ende sprachen sich die Delegierten mit 138 zu 17 Stimmen für die Initiative aus.

Manifest für «feministische Sozialdemokratie» verabschiedet

Zudem verabschiedeten diese ein «Manifest für eine konsequente feministische Sozialdemokratie». Feministische Themen müssten ins Zentrum der Partei rücken, forderte Natascha Wey, Co-Präsidentin der SP-Frauen. Männer in der SP müssten mehr über feministische Themen sprechen.

Das Papier verlangt unter anderem ausgewogene Vertretungen in den Parteigremien, die 35-Stunden-Wochen bei gleichem Lohn, Lohngleichheit, keine SP-Männer bei All-Male-Panels, Kinderbetreuung bei SP-DV und -Parteitagen und eine geschlechtergerechte Sprache. Nach fast dreistündiger Diskussion wurde es von einer Mehrheit der Delegierten angenommen. (SDA)

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