Die EZB tuts ein bisschen, die SNB überhaupt nicht: Die Europäische Zentralbank rückt etwas von ihrer ultralockeren Geldpolitik ab, pumpt ab Ende Jahr kein Geld mehr in die Finanzmärkte und die Wirtschaft. Doch die Zinsen bleiben dort, wo sie seit Jahren liegen, auf rekordtiefen null Prozent.
Keine Zinswende in Europa – und damit auch keine in der Schweiz. Dies ist das alles andere als überraschende Ergebnis der geldpolitischen Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zum Jahresende. Die Nationalbank hält weiterhin an den Negativzinsen fest, eine Änderung war und ist nicht in Sicht.
Kein Anlass, um an der Zinsschraube zu drehen. Fast scheint es, als sei der Posten des SNB-Präsidenten der langweiligste Job der Welt. «Da kann ich Sie beruhigen», erwidert SNB-Präsident Thomas Jordan (55) lachend. «Es passiert sehr viel und wir beschäftigen uns sehr intensiv mit der Geldpolitik.» Es sei im Moment ein sehr anspruchsvolles Umfeld.
Leere Mietwohnungen machen der Nationalbank Sorgen
Die Weltwirtschaft wächst im nächsten Jahr etwas langsamer, entsprechend wird sich auch die Schweizer Wirtschaft etwas abkühlen. Aber 1,5 Prozent Wirtschaftswachstum liegen gemäss Nationalbank 2019 durchaus drin.
Sorgen macht der Nationalbank dagegen der Immobiliensektor, genauer die sogenannten Renditeliegenschaften, also Wohnblöcke mit vielen Mietwohnungen. Hier wurde in den letzten Jahren viel gebaut. Zu viel, denn immer mehr Wohnungen stehen leer. «Es besteht das Risiko, dass die Rendite auf diesen Liegenschaften zurückgeht, also der Ertrag sinkt, den man darauf erzielen kann», warnt Jordan. Und das kann dazu führen, dass die Preise dieser Liegenschaften unter Druck geraten.
Die Preise also drohen zu fallen und sie könnten sogar richtig tief fallen, sollte die SNB irgendwann die Geldpolitik normalisieren, die Negativzinsen wieder aufheben. Eine schwierige Situation für die Währungshüter: «Das stimmt, wenn die Zinsen steigen würden, gäbe es Druck auf die Preise dieser Liegenschaften», bestätigt Jordan.
Ein Dilemma für die Nationalbank. Denn was ein Crash am Immobilienmarkt auslösen kann, das hat die Schweiz in den 1990er-Jahren erlebt – und die Welt in der letzten Finanzkrise.
Keine neuen Hürden für Wohneigentum
Deshalb wird derzeit über Massnahmen nachgedacht, wie sich die Situation am Immobilienmarkt entschärfen liesse. Details dazu gibt die SNB nicht bekannt. Nur so viel: Es geht nur um die Wohnblöcke. «Es ist nicht geplant, dass man im Bereich Häuser und Eigentumswohnungen irgendetwas ändern möchte», beruhigt Jordan. «In diesem Bereich sind die Preise zwar auch hoch, aber das Angebot hat sich nicht so ausgedehnt, wie es bei den Mietwohnungen der Fall ist.»
Das heisst: Wer mit dem Gedanken spielt, ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu kaufen, dem werden keine neuen Steine in den Weg gelegt!
Neben dem Schweizer Immobilienmarkt ist das Augenmerk der Währungshüter in diesen Tagen auf Grossbritannien gerichtet. Die politischen Turbulenzen um den Brexit lassen den Schweizer Franken wieder einmal als sicheren Hafen erscheinen. Deshalb warnt der SNB-Präsident: «Ein ungeregelter Brexit wäre nicht gut.» Das würde an den Finanzmärkten für Turbulenzen sorgen. Und das wäre «wie so oft sicher nicht zum Vorteil der Schweiz», befürchtet Jordan.