Die Lust auf Sandwiches ist Markus Meyer (31) vergangen: Vor vier Jahren arbeitete er in einem Subway-Restaurant in Kreuzlingen TG. Doch noch immer hat er nicht den vollen Lohn bekommen – obwohl ihm das Bezirksgericht Baden AG im April recht gab. Schuldner ist H.T.*, Geschäftsführer der Firma Franchise Development AG. Deren Zweck laut Handelsregister: «Die Entwicklung des Franchisesystems Subway Sandwiches in der Schweiz». T. besass selbst vier Subway-Filialen – auch jene in Kreuzlingen.
Bereits im Mai deckte SonntagsBlick einen Fall von massivem Lohndumping in den Subway-Filialen Langenthal BE, Dietikon ZH und Interlaken BE auf. Damals wusch Subway-Geschäftsführer T. seine Hände in Unschuld. Ein Mail an T. wurde von einer österreichischen PR-Agentur beantwortet. «Jeder Franchisepartner ist ein eigenständiger Unternehmer und daher für die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorgaben zuständig», hiess es. Zu dem Zeitpunkt war T. bereits verurteilt.
Meyer traf erstmals 2011 auf T. Der Berner nahm den Job als Geschäftsführer in der Filiale der Sandwich-Kette Subway in Kreuzlingen an, die T. gehörte. Meyer erzählt: «Vereinbart war ein Lohn von 4'800 Franken. Leider nur mündlich.»
Nach drei Wochen folgt die erste Überraschung. Erst jetzt bekommt er seinen Arbeitsvertrag. Sein Lohn auf Papier: 3'800 Franken. Meyer protestiert. T. lässt ihm ausrichten, dieser Einstiegslohn sei während der ersten sechs Monate «normal». Meyer drängt auf die 4'800 Franken, schuftet aber weiter. «Ich hatte normalerweise einen 13-Stunden-Tag.»
Die Filiale in Kreuzlingen läuft schlecht. Nur ein paar Kilometer weiter, hinter der Grenze in Konstanz, gibt es ebenfalls einen Subway. «Der hatte deutsche Preise und war natürlich günstiger.» Nach sieben Monaten bekommt der Geschäftsführer noch immer nur 3'800 Franken. Er droht mit der Kündigung, bekommt im Monat darauf eine Lohnerhöhung. Ausbezahlt werden ihm aber nicht 4'800 Franken, sondern nur 4'300. Da hat es Meyer satt. Er schmeisst hin.
Da Subway-Manager T. noch immer nicht zahlt, entscheidet sich Meyer für juristische Schritte. Mit seinem Anwalt fordert er 10'000 Franken. Darauf beschuldigt ihn T., Geld gestohlen zu haben. Meyer bestreitet dies: «In der Zeit, als es passiert sein soll, war ich gar nicht in Kreuzlingen, sondern habe in einer anderen Filiale ausgeholfen.»
Auch dieses Vorgehen erinnert an den Subway-Fall vom Mai. Als damals Subway-Geschäftsführer Jari V.* Missstände aufdeckte, beschuldigten ihn seine Chefs des Diebstahls. Beweise hatten sie keine.
H.T. hat inzwischen seine Filialen verkauft oder geschlossen und lässt mehrere Termine vor der Schlichtungsstelle und vor Gericht platzen. Auch er bleibt den Beweis schuldig, dass Meyer Geld gestohlen habe. Die Badener Richter verurteilen ihn, Markus Meyer 1'600 Franken Lohn nachzuzahlen. «Dass die Richterin am Ende nur 1'600 Franken akzeptiert hat, liegt daran, dass ich nicht beweisen konnte, dass mir 4'800 Franken Lohn versprochen wurden», sagt Meyer.
Immerhin: Subway will nun reagieren. «H.T. ist in dieser Angelegenheit Franchisenehmer und selbständiger Unternehmer. Selbstverständlich muss er wie alle Franchisenehmer alle rechtlichen Bestimmungen erfüllen», schreibt das Unternehmen Subway über seine PR-Agentur. «Wir stehen in engem Austausch mit ihm, um diese Angelegenheit zu klären.» Man habe davon bisher nichts gewusst.
T. sagt auf Anfrage, er werde die geforderten 1'600 Franken so schnell wie möglich überweisen. Er bestreitet jedoch, Meyer jemals 4'800 Franken Lohn versprochen zu haben. Dies habe auch das Arbeitsgericht Baden festgestellt. Am Vorwurf des Diebstahls hält er fest: Meyer schulde ihm 1935.50 Franken. Diese Forderung werde er «auf dem Rechtsweg geltend machen». Bei der Staatsanwaltschaft Aargau reichte T. vergangenen Freitag, nach der Kontaktaufnahme durch SonntagsBlick, Anzeige gegen Meyer ein. Gleichzeitig betont T.s Anwalt, Meyer habe den Versuch, eine aussergerichtliche Einigung für die gegenseitigen Ansprüche zu finden, abgelehnt.
Meyer sieht der Anzeige gelassen entgegen. Er sagt: «Ich arbeitete vorher bei McDonald’s, verdiente als Schichtleiter 4'800 Franken.» Hätte man ihm nicht mindestens diesen Lohn versprochen, hätte er gar nie bei Subway angefangen.
* Name d. Red. bekannt