Heute beugt sich die Gesundheitskommission des Ständerats erstmals über das Tabakproduktegesetz. Es sieht eine Stärkung des Jugendschutzes vor. Etwa durch ein nationales Verkaufsverbot an Minderjährige und neue Einschränkungen bei der Tabakwerbung.
Doch nun droht dem Projekt von Alain Berset (SP) ein Rückschlag. Mit einem Kraftakt versuchen Interessengruppen das Vorhaben noch aus der Spur zu heben. Dabei nehmen sie wenig Rücksicht auf demokratische Gepflogenheiten.
Kürzlich erhielten alle Ständeräte einen Brief mit der unorthodox klaren Aufforderung, das Tabakproduktegesetz an den Bundesrat zurückzuweisen. Eine jahrelange Verzögerung wäre die Folge. Absender: über ein Dutzend Wirtschaftsverbände, darunter viele, die vom Tabakgesetz gar nicht betroffen sind. Etwa der Bäckermeister-Verband und der Solarienverband. Die wichtigste Unterschrift auf dem Brief stammt von Economiesuisse-Chefin Monika Rühl.
«Dieser Brief ist eine Zumutung», ärgert sich SP-Ständerat Hans Stöckli (BE). «Man könnte meinen, die Wirtschaftsfreiheit sei in Gefahr. Frau Rühl und andere haben sich vor den Karren der Tabaklobby spannen lassen. Ich frage mich ernsthaft, warum.»
Für BLICK war Monika Rühl nicht erreichbar. Economiesuisse-Sprecher Michael Wiesner sagt, Rühls Einsatz habe nichts mit Lobbying zu tun. «Es geht um ein Einstehen für die Marktwirtschaft.» Werbeverbote bedeuteten einen tiefen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.
Für den ehemaligen FDP-Ständerat Felix Gutzwiller (ZH) ist das eine Übertreibung: «Das Gesetz ist nicht so schlimm, wie die Verbände uns glauben machen wollen.» Er wirft der Wirtschaft ein falsches Spiel vor.
Der wahre Grund für den Widerstand sei die Tabakkonvention der Weltgesundheitsorganisation WHO, der sich mit dem Tabakproduktegesetz auch die Schweiz anschliessen könnte. «Davor haben die Tabakkonzerne grosse Angst», sagt Gutzwiller. «Nun torpedieren sie das Gesetz, um das zu verhindern. Die Wirtschaftsverbände lassen sich da offensichtlich von den Tabakkonzernen einspannen.»