Diese Nachricht lässt Einkaufstouristen und Detailhändler aufhorchen: Die Rückerstattung der deutschen Mehrwertsteuer wird jetzt automatisiert.
Schweizer müssen nicht mehr mit den abgestempelten Ausfuhrscheinen zurück in die jeweiligen deutschen Läden rennen, um sich die Mehrwertsteuer zurückzuholen. So lockt das Euro-Shopping noch mehr.
Gemäss Informationen von BLICK installiert die Thurgauer Firma Refund Suisse demnächst sogenannte Mehrwertsteuer-Automaten an den wichtigsten Grenzübergängen nach Deutschland, zum Beispiel Konstanz, Singen, Waldshut, Weil am Rhein und Lörrach.
«Bis Ende Februar haben wir die ersten zehn Automaten aufgestellt», kündigt Chef Philippe Bartscherer an. Diese würden auch an Bahnhöfen platziert, etwa in Konstanz bei der Deutschen Bahn.
Darauf angesprochen, wittern deutsche Ketten wie die Edeka-Supermärkte oder die Drogerien Müller und DM bereits einen neuen Schub für ihr Geschäft mit den Schweizer Kunden.
Bartscherer hält den Mehrwert der Automaten hoch: «Die grünen Zettel stapeln sich nicht mehr in den Haushalten oder gehen nicht verloren.»
Den Mehrwertsteuerbetrag erhielten die Kunden auf ihr Schweizer Bankkonto gutgeschrieben. Dies konnte BLICK bereits testen.
Refund Suisse selbst zwackt vom Einkaufsbetrag Gebühren ab: maximal zwei Prozent bei sieben Prozent Mehrwertsteuer (für Nahrungsmittel) und maximal vier Prozent bei 19 Prozent (Bekleidung, Kosmetika). Konkurrenten wie Global Blue behalten 13 Prozent.
Dank dem Mindestkurs-Aus, das Einkaufen in Deutschland auf einen Schlag um rund 20 Prozent verbilligt hat, erwartet Bartscherer einen Run auf die Automaten. Diese seien einbruchsicher, eine Weitergabe der Scheine an die Zollbehörde oder sonstige Dritte schliesst er aus.
Detailhandelsexpertin Nicole Brändle, Leiterin Branchenanalyse bei der Credit Suisse, erfuhr durch BLICK von den neuen Automaten. Diese «Professionalisierung» des Einkaufstourismus trage zu einem neuen Rekordjahr bei, sagt sie.
«Wir erwarten beim gegenwärtigen Eurokurs, dass Schweizer in diesem Jahr rund zehn Prozent mehr im Ausland ausgeben als im Vorjahr.»
Das wären gegen 5,5 Milliarden Franken allein für gezielte Einkäufe im Ausland. Auch die Hauptzollämter Singen und Konstanz rechnen 2015 mit einem neuen Rekord.
Neues Label-System
Doch vielleicht müssen die deutschen Zöllner die Zettel schon bald gar nicht mehr stempeln. Zusammen mit Drogerie-Partner Müller lanciert Refund Suisse bereits Ende kommender Woche ein Label-System.
Schweizer Kunden kriegen bei Müller keine Ausfuhrscheine mehr, sondern nur noch eine Klebeetikette auf den Einkaufsbeleg – so wie man es von der Kofferaufgabe am Flughafen kennt.
Der Kunde muss sich einmalig registrieren, zahlt aber nur noch 85 Rappen Gebühren pro Beleg an Refund Suisse. Die Quittung muss vorerst noch vom deutschen Zoll abgestempelt werden.
In absehbarer Zeit könnte sogar das entfallen, sagt Bartscherer. «Wir haben das Verfahren dem deutschen Zoll und der Bundesfinanzdirektion vorgestellt.»
Der definitive Entscheid liegt beim Finanzministerium, heisst es dort auf Anfrage. Dem Vernehmen nach könnte er schon bald fallen.